Ein Geschäftsmann aus Köln steht wegen undurchsichtiger Geldgeschäfte und einem Fälschungsvorwurf vor Gericht.

Leonberg - Es ist ein Hauch von großer, weiter Welt gewesen, der durch den Sitzungssaal des Leonberger Amtsgerichts wehte. Wegen Urkundenfälschung und Betruges war ein 66-jähriger Geschäftsmann aus Köln angeklagt, der im Sommer 2015 einen Scheck der Deutschen Bank über eine Million US-Dollar einem Rechtsanwalt übergab, der den Betrag auf ein Treuhandkonto einzahlen sollte. Als dieser das wenige Tage später bei der Kreissparkasse in Leonberg tat, stellte sich heraus, dass der Scheck gefälscht war.

 

Allein schon die in breitem Kölner Dialekt gehaltene Erklärung des 66-Jährigen, wie es zu der Scheckübergabe kam, hatte alle Zutaten für eine echte Räuberpistole. Der gelernte Bankkaufmann, der als Berater für eine Immobilienfirma tätig war, hatte regelmäßig Kontakte in den arabischen Raum.

Ein „Rundum-Sorglos-Paket“

Unter anderem besichtigte er mit Geschäftsleuten aus Abu Dhabi, Dubai und Saudi-Arabien regelmäßig Wohnungen in der Nähe des Kölner Klinikums, in denen Angehörige wohnen sollten, solange ein Familienmitglied dort behandelt wurde. Da die Botschaft von Saudi-Arabien die Kosten für die Behandlungen in Deutschland angeblich nicht mehr übernahm, stand der Angeklagte nach seinen Angaben zudem in Kontakt mit einem großen deutschen Versicherungskonzern, um über eine Krankenversicherung als „Rundum-Sorglos-Paket“ für arabische Staatsangehörige zu verhandeln.

Bei seinen Gesprächen lernte der 66-Jährige auch eine arabische Familie mit einem leukämiekranken Kind kennen, dessen Vater die Behandlungskosten nicht mehr stemmen konnte, nachdem die Botschaft die Kosten nicht mehr übernehmen wollte. Über verschiedene Kanäle sei er dann in Kontakt mit einem arabischen Geschäftsmann gekommen, der eine Million Dollar investieren wollte. Mit diesem Geld hätten die Behandlungskosten für das leukämiekranke Kind, aber auch Immobilien nebst Provisionen bezahlt werden sollen. „Ich habe mich mit diesem Geschäftsmann in Paris getroffen, er hat meine Reisekosten, Hotel und Essen bezahlt. Ich hatte keinen Anlass, ihm nicht zu trauen“, erklärte der Angeklagte.

Verteidiger: Der Angeklagte war nur Überbringer des Schecks

Der Scheck sei wenige Tage später mit einem Kurierdienst gekommen. Er habe weder den Scheck selbst noch das beiliegende Garantieschreiben der Deutschen Bank genau angeschaut. „Da es Fremdgeld war, konnte ich das Geld nicht auf ein Firmenkonto von uns einzahlen, sondern habe einen Anwalt als Treuhänder gesucht“, erläuterte der Rheinländer vor dem Amtsgericht seine Vorgehensweise. Ein Bekannter aus der Immobilienbranche im Stuttgarter Raum habe ihm dann den Rechtsanwalt empfohlen, dem er den Scheck nebst Garantieschreiben am Stuttgarter Hauptbahnhof übergeben habe.

Der Verteidiger des Angeklagten, Anwalt aus einer renommierten Kölner Kanzlei, erklärte, man könne seinen Mandanten nicht wegen Urkundenfälschung verurteilen, da er nur der Überbringer des Schecks gewesen sei und zudem ein eigenes Interesse an der Richtigkeit des Schecks hatte, da von dem Geld auch seine Provision für den Immobiliendeal bezahlt werden sollte.

Richterin findet die Geschichte abenteuerlich

Richterin Jasmin Steinhart ließ jedoch erkennen, dass sie diese Geschichte für abenteuerlich halte. Und dazu hatte sie auch allen Grund, der Angeklagte ist bei der Justiz kein Unbekannter. In den 80er Jahren war der Mann schon einmal wegen Betrugs und Urkundenfälschung zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden, nachdem er einige Mitglieder einer Kölner Karnevalsgesellschaft mit einem Investmentclub um einen siebenstelligen Betrag gebracht hatte.

Der dreiste Trick im Karnevalsmilieu fand in der gesamten deutschen Presselandschaft Beachtung. Doch just diese Tatsache machte der Angeklagte zu einem Argument für seine Gutgläubigkeit: „Wenn ich so eine Dummheit schon einmal gemacht habe, mache ich sie doch nicht noch ein zweites Mal“, betonte er. Wenn er Zweifel an der Echtheit des Schecks gehabt hätte, hätte er diesen überprüfen lassen.

Ein Polizeibeamter im Zeugenstand erklärte, er habe sich den Scheck genauer angesehen, nachdem der Rechtsanwalt Anzeige bei ihm erstattet hatte. „Ich habe mit bloßem Auge erkannt, dass da etwas nicht stimmt“, sagte der Polizist. So sei in der Fußzeile der Betrag von einer Million US-Dollar nicht wieder aufgetaucht, sondern stattdessen der Betrag 950 000 US-Dollar. Zudem habe sich bei einer Nachfrage bei der Deutschen Bank herausgestellt, dass auf dem Scheck die Unterschrift eines Vorstandsmitglieds sei, der gar nicht mehr bei dem Institut tätig war.

Alle Beteiligten haben an dem Geschäft gut verdient

Sowohl der Immobilienmakler, den der Angeklagte eingeschaltet hatte, als auch der Rechtsanwalt erklärten, der 66-Jährige sei allerdings ehrlich überrascht gewesen, als sie ihn mit der Fälschung konfrontiert hätten. Letzten Endes sprach Richterin Steinhart den Angeklagten vom Vorwurf der Urkundenfälschung und des versuchten Betruges frei und entsprach damit den Forderungen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Alle Beteiligten hätten an dem Geschäft gut verdient.

Es lässt sich nicht nachweisen, dass der Angeklagte wirklich Kenntnis von der Fälschung hatte“, führte sie aus. Schließlich hätten auch mehrere andere Beteiligte – unter anderem ein Rechtsanwalt – die Fälschung nicht erkannt. Diese sei erst bei einer internen Bankprüfung aufgefallen. „Auch wenn die Geschichte hanebüchen klingt, bleibt mir nichts anderes übrig, als sie freizusprechen“, schloss Steinhart. Und der Staatsanwalt ergänzte: „Offenbar gibt es auch unter arabischen Geschäftsleuten Betrüger.“