Im Prozess gegen 21 Mitglieder der Jugendbande Black Jackets plädiert die Staatsanwaltschaft nicht nur für mehrjährige Haft- und Jugendstrafen. Auch die Verteidiger werden kritisiert.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart - Nach mehr als zwei Jahren Dauer, fast 200 Verhandlungstagen und dem Anhören von fast 70 Zeugen zeichnet sich ein Ende des Mammutprozesses ab: Die Richter der 2. Jugendkammer des Landgerichts haben am Freitag im großen Mehrzweckgebäude im Stammheim die langwierige und zäh verlaufende Beweisaufnahme im Verfahren gegen 21 Mitglieder der Black Jackets Stuttgart/Esslingen abgeschlossen.

 

Der Oberstaatsanwalt Gernot Blessing hielt sein Plädoyer im Prozess gegen die Angeklagten im Alter von 20 bis 27 Jahren. Blessing fordert dabei Haft- und Jugendstrafen zwischen drei Jahren und drei Monate sowie sieben Jahren und neun Monaten wegen versuchten Totschlags, gefährlicher Körperverletzung sowie Landfriedensbruchs. Die Angeklagten sollen zudem die Prozesskosten und ihre Auslagen tragen: Allein für die Anwaltskosten würden im Falle einer Verurteilung jedem von ihnen 200 000 Euro drohen. Dazu kommen diverse hohe Schmerzensgelder.

Die Angeklagten sollen im Juni 2009 in Esslingen auf dem Gelände der Waisenhofschule, das in den Abendstunden als beliebter Treffpunkt für junge Leute gilt, aus Rache mit Baseballschlägern und Metallstangen bewaffnet über eine bis zu 25-köpfige Gruppe hergefallen sein. Zuvor hatte man im Clubheim in Fellbach (Rems-Murr-Kreis), den Plan geschmiedet, wie die Attacke ablaufen sollte. Ziel des Angriffs waren offenbar Mitglieder einer mit den Black Jackets verfeindete Esslinger Jugendbande mit dem Namen „La Fraternidad“. Immer wieder waren die beiden Gruppierungen zuvor aneinandergeraten. Nun habe man den Esslingern eine Abreibung verpassen wollen, so der Oberstaatsanwalt.

Schwerste Körperverletzungen und Tötungsversuche

Bei dem brutalen Überfall in der Nacht zum 27. Juni 2009 entkamen die meisten der Angegriffenen. Sieben junge Männer wurden jedoch verletzt, drei davon schwer. Eines der Opfer lag nach der Attacke mit einem offenen Schädelbruch, bei dem Gehirnmasse austrat, im Sterben. Mit einer Notoperation wurde das Leben des heute 28 Jahre alten Mannes gerettet. Das Opfer leidet bis heute an den Folgen der Verletzungen und wird nie wieder ein selbstständiges Leben führen können. Das Tragische: Der 28-Jährige war weder Mitglied der „Schwarzjacken“ noch der „Brüderschaft“, sondern nur zur falschen Zeit am falschen Ort – ein Zufallsopfer.

Bisher hatte die Anklage auf gemeinschaftlichen versuchten Mord, gefährlicher Körperverletzung und schweren Landfriedensbruch gelautet. Doch nun rückte der Oberstaatsanwalt in seinem Plädoyer vor allem von seinem schwersten Vorwurf ab – dem des Mordversuchs. Demnach sei lediglich einer der 21 Angeklagten wegen versuchten Totschlags zu verurteilen: Ein heute 22 Jahre alte gebürtige Göppinger soll dafür für sieben Jahre und neun Monate hinter Gitter. Er habe selbst noch mit einem Baseballschläger auf den 28-Jährigen eingedroschen, als dieser bereits zu Boden gegangen war. „Damit haben Sie den Tod des Opfers billigend in Kauf genommen“, so Blessing. Den Vorsatz, dass der 22-Jährige den 28-Jährigen umbringen wollte, könne man indes nicht nachweisen. Der 22-Jährige selbst hatte im Verlauf des Prozesses die Schläge zunächst bestritten, später aber eingeräumt und sich entschuldigt.

„Prozess unnötig in die Länge gezogen“

Doch auch die weiteren Angeklagten hätten sich an dem Überfall beteiligt oder dabei Helferrollen eingenommen: Zehn Angeklagte hätten die jungen Leute ebenfalls malträtiert. Diese Attacken wertete der Oberstaatsanwalt als schwere Körperverletzung und Landfriedensbruch. Diese Angeklagten sollen zwischen fünf und sechseinhalb Jahre hinter Gitter. Bei weiteren zehn Helfern, die teilweise ebenfalls zuschlugen, forderte der Ankläger Jugendstrafen von drei Jahren und drei Monaten bis viereinhalb Jahre.

Doch der Staatsanwalt nahm sich nicht nur die Angeklagten vor. Auch einige Verteidiger kritisierte Blessing, weil sie sich seiner Ansicht nach im Verlauf des Prozesses zu sehr darum bemüht hätten, dass das Gericht keinem die Tatbeteiligung nachweisen kann. „Damit hat man den Prozess unnötig in die Länge gezogen“, so der Oberstaatsanwalt. Vom 10. September an werden die Anwälte der Angeklagten ihre Plädoyers halten.