Weil der Personalchef ihn für charakterlich ungeeignet hält, darf ein Anwärter nicht Polizist werden. Nun muss ein Gericht über den Fall entscheiden. Ein Kreuzchen auf einem Fragebogen ist dem Mann offenbar zum Verhängnis geworden.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Ein Traumkandidat für den Polizeiberuf“ nennt der Ausbilder den Mann. „Charakterlich nicht geeignet“ ist der Anwärter jedoch aus Sicht des Personalchefs der Bereitschaftspolizei. Daher wurde dem Mann der Eintritt in seinen Traumberuf am Ende der Ausbildung verwehrt. Seit mehr als einem Jahr kämpft er dafür, doch noch in den Staatsdienst übernommen zu werden. Er hat gegen die Entscheidung geklagt, seit Mittwoch befasst sich das Verwaltungsgericht damit.

 

Der Streit hat sich an einer medizinischen Untersuchung am Ende der Ausbildung entzündet. Zu dieser war der Polizeianwärter angetreten, obwohl er krankgeschrieben war und von seinem Hausarzt Medikamente verschrieben bekommen hatte. Er sei erkältet gewesen und habe kurz vor den Abschlussprüfungen trotz seiner guten Leistungen aus Nervosität Schlafstörungen gehabt. Der Arzt verordnete Ibuprofen als fiebersenkendes Mittel und eine weiteres, das dem Polizeianwärter zu ruhigeren Nächten verhelfen sollte.

Verhängnisvolles Kreuz

Bei der medizinischen Untersuchung musste der Polizeischüler einen Fragebogen ausfüllen, der auch Angaben zu regelmäßigen Medikamenteneinnahmen verlangt. „Nein“ kreuzte der Kläger an, wie er vor dem Verwaltungsgericht beteuerte nach Rücksprache mit der Polizeiärztin. Er habe sie darauf hingewiesen, dass er krank sei, und gefragt, ob er die Medikamente angeben müsse. Sie habe das verneint.

Dieses Kreuz wurde ihm zum Verhängnis. Denn als die Ärztin feststellte, dass der angehende Polizist einen Ruhepuls von 37 Schlägen hatte, schrillten bei ihr die Alarmglocken. Sie hegte den Verdacht, der Mann habe bewusst blutdrucksenkende Mittel genommen, um bei der Untersuchung eine bessere Ausdauerfähigkeit vorzutäuschen. „Das ist ein bekannter Trick, den die Anwärter in diversen Internetforen weitergeben“, sagte der Personalchef, der über die Einstellung zu entscheiden hat.

Angebliche Charakterschwäche

Die Frage nach Medikamenten zu verneinen werte er entsprechend als klaren Täuschungsversuch. Damit sei der Kandidat für den Polizeidienst charakterlich ungeeignet. Zunächst war der Anwärter jedoch im November 2011 aus medizinischen Gründen abgelehnt worden. Erst als er im Frühjahr 2012 gegen diese Entscheidung Widerspruch einlegte, sei mit der angeblichen Charakterschwäche gegen seine Übernahme argumentiert worden. Des Weiteren habe man noch ein Nahrungsergänzungsmittel gefunden, dass beim Abnehmen helfen soll, auch das habe der Polizeischüler nicht angegeben. Dabei blieb die Frage offen, ob dieses frei verkäufliche Mittel als Medikament zu werten ist.

In den Akten sei an einer Stelle über das Gespräch zwischen der Ärztin und dem Polizeianwärter zu lesen, es handele sich um ein „Kommunikationsproblem“. Auf dieses mögliche Missverständnis gründet aber die Entscheidung des Personalchefs.

„Vorbildlich, der Klassenbeste“

Der Klassenlehrer und sein Kollege stärkten dem Kläger, der seit der Ablehnung in einem anderen Job arbeitet, bei der Verhandlung den Rücken. Dass die beiden Ausbilder aus dem Kopfschütteln nicht mehr herauskamen, blieb der Richterin nicht verborgen. Sie unterbrach daher die Sitzung, um sich beim Klassenlehrer zu informieren, wie sich der Polizeianwärter während der Ausbildung geschlagen haben. „Vorbildlich“ sei sein Schüler gewesen, „der Klassenbeste, bei dem es nie etwas zu beanstanden gab. Wir brauchen Leute wie ihn bei der Polizei“, sagte der Lehrer.

Zur Aufklärung des Sachverhalts sollen in der kommenden Woche weitere Zeugen aussagen. Die Ärztin sowie Polizeischüler, die am selben Tag bei der Untersuchung dabei waren, sollen wiedergeben, wie sie das Gespräch über den Fragebogen wahrgenommen haben.