Das Gericht, das im Korruptionsprozess über Schuld und Unschuld des ehemaligen Bundespräsidenten, Christian Wulff, und des Filmfinanziers, David Groenewold, zu urteilen hat, fühlt sich von der Staatsanwaltschaft hintergangen.

Hannover - Sie haben jetzt nicht das Wort!“ Richter Frank Rosenow ist eigentlich ein Mann freundlichen Gemüts. Der Vorsitzende Richter der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Hannover lacht viel, neigt zu ironischen Bemerkungen. An diesem Donnerstagvormittag aber platzt ihm der Kragen. Das Gericht, das im Korruptionsprozess über Schuld und Unschuld des ehemaligen Bundespräsidenten, Christian Wulff, und des Filmfinanziers, David Groenewold, zu urteilen hat, fühlt sich von der Staatsanwaltschaft hintergangen.

 

Oberstaatsanwalt Clemens Eimterbäumer hat überraschend E-Mails von einer Festplatte präsentiert, von deren Existenz das Gericht offenkundig gar nichts wusste. Rosenow will nun wissen, welche Beweismittel beim Landeskriminalamt noch vorliegen, von denen er keine Kenntnis hat. Dass Eimterbäumer zudem Akten aus dem parallel laufenden Verfahren gegen Wulffs früheren Sprecher, Olaf Glaeseker, herangezogen hat, steigert seine Empörung noch. Auch die Nachermittlungen der Ankläger bei der niedersächsischen Staatskanzlei nach möglichen E-Mail-Adressen Wulffs, verärgern ihn.

Der Richter droht, den Prozess platzen zu lassen

Eimterbäumer spricht von einem „dynamischen Aufklärungsgeschehen“. Er habe die Mails auf einer asservierten Festplatte entdeckt und umgehend den Richter informiert, sagt der Oberstaatsanwalt sehr ruhig. Christian Wulff lehnt sich auf der Anklagebank weit nach vorn über den Tisch, fixiert Eimterbäumer und lacht ihm in einer Mischung aus Sarkasmus und Empörung ins Gesicht.

Rosenow weist den Staatsanwalt zurecht. „Ganz so einfach ist das nicht“, sagt der Richter. Die Beweismittel seien ordnungsgemäß zu den Akten zu geben, damit alle Prozessbeteiligten Zugriff darauf hätten. Rosenow fordert ihn auf, sämtliche Daten der Festplatte zur Verfügung zu stellen. Eimterbäumer wirkt, als verstehe er die Aufregung nicht. „Das ist doch kein Geheimnis, dass es diese Daten gibt“, sagt er. Alles sei in den Akten.

Rosenow besänftigt das nicht. Er verlangte eine dienstliche Erklärung, welche Beweismittel wo vorlägen. „Mein Interesse ist es, dieses Verfahren mit einem Urteil abzuschließen, das Bestand hat, und da werde ich mich nicht aufs waghalsige Glatteis begeben“, sagt er. Die Staatsanwaltschaft möge sich an „die Spielregeln im Strafprozess“ halten. „Notfalls werden wir den Prozess aussetzten“, sagt Rosenow dann. Deutlicher kann er seinen Ärger nicht ausdrücken. Kein Richter droht leichtfertig damit, einen Prozess platzen zu lassen. Das Klima zwischen Richter und Anklägern ist eisig.

Die Kammer hält an ihrem Plan fest. Für den 20. Februar werden die Plädoyers, für den 27. Februar das Urteil erwartet. Rund ein Dutzend Beweisanträge der Staatsanwaltschaft lehnt das Gericht nach der Mittagspause ab. Die Kammer sieht die Vorwürfe gegen Wulff und Groenewold nicht als erwiesen an.