Nur wenige Wochen nach der Haftentlassung hat ein verurteilter Räuber einem geständigen Komplizen nachgestellt. Jetzt stand der Mann erneut wegen Erpressung vor Gericht.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Ja, er habe damals den Fluchtwagen gesteuert. Und ja, der Mitangeklagte sei dabei gewesen, als an Heiligabend 2011 drei maskierte Männer einen Bäckereiauslieferer bei Wangen überfielen, ihn mit einer täuschend echt aussehenden Softair-Pistole bedrohten und eine Geldbombe mit 5000 Euro erbeuteten.

 

Das Geständnis und die Aussage eines jungen Mannes vor dem Ulmer Landgericht haben vor drei Jahren wesentlich zur Verurteilung einer Räuberbande beigetragen, die im Raum Göppingen über Monate hinweg ihr Unwesen getrieben hatte und die neben dem Bäckereifahrer auch einen Händler für Mobilfunkgeräte und ein Spielcasino ausgeraubt hatte.

Der „Verräter“ soll ein Schmerzensgeld bezahlen

Doch für den geständigen Komplizen von damals hatte die Sache ein böses Nachspiel. Als der Haupttäter nach der Verbüßung eines großen Teils seiner Jugendstrafe Anfang März 2014 wieder auf freiem Fuß war, stellte er dem „Verräter“ nach. 500 Euro hatte der für seine Chauffeurdienste aus der Beute kassiert. Diese Summe nebst üppiger Zinsen forderte er nun als „Schmerzensgeld“ zurück. Am Dienstag hat sich der damalige Haupttäter zusammen mit zwei Freunden nun wegen räuberischer Erpressung vor dem Göppinger Amtsgericht verantworten müssen.

An einem Tag im Frühjahr 2014 habe er den einstigen Komplizen zu Hause abholen und zur Johanneskirche in Manzen bringen lassen, lautete der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Das Gemeindezentrum steht ein wenig abgelegen am Ortsrand. Als der einstige Kronzeuge dort – offenbar nichtsahnend – eintraf, habe der heute 20-Jährige ihn sofort angegriffen und ins Gesicht geschlagen, so die Staatsanwaltschaft. Für die erlittene Inhaftierung forderte er ein Schmerzensgeld von 1000 Euro. Das Opfer ging aus Angst sofort darauf ein und übergab als Pfand die Schlüssel und den Fahrzeugbrief seines Autos. Das Opfer habe befürchtet, dass der 20-Jährige mit einem Messer auf ihn losgehen könnte.

Der Erpresser lässt nicht locker

Die beiden anderen, nun mitangeklagten Männer schauten zu und nahmen teilweise auch das Geld entgegen, das der Mann in vier Raten abstottern durfte. Doch auch, als die geforderte Summe beglichen war, ließ der Erpresser nicht locker. Nun forderte er weitere 1000 Euro. Das verzweifelte Opfer wandte sich daraufhin an die Polizei. Sie ließ den Haupttäter nach seiner Rückkehr von einem anderthalbmonatigen Auslandsaufenthalt im August am Flughafen festnehmen. Seither sitzt er wieder in Haft. Von der ursprünglichen Jugendstrafe von drei Jahren und drei Monaten waren noch 14 Monate offen.

Vor Gericht räumten der 20-Jährige und seine Freunde die Tat ein. Er habe die belastende Aussage durch den einstigen Freund als Verrat empfunden und sei gekränkt und sehr enttäuscht gewesen, hieß es in einer vom Verteidiger verlesenen Erklärung. Nun aber bedauere er die Erpressung. Dem schlossen sich die beiden Mitangeklagten an. Mittlerweile habe man einen sogenannten Täter-Opfer-Ausgleich vorgenommen, sich entschuldigt und dem Mann zusammen 1600 Euro gezahlt. Das Opfer sei froh, dass die Sache damit aus der Welt geschafft sei, sagte die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe.

Das Urteil: Ein Nachschlag von neun Monaten

Für die beiden mitangeklagten Kumpels regte sie die Verhängung von Arbeitsstunden beziehungsweise einer Geldauflage an. Beim Hauptangeklagten votierte sie jedoch dafür, die Jugendstrafe aus dem Vorverfahren aufzustocken und nicht zur Bewährung auszusetzen. „Eine schädliche Neigung lässt sich nicht verneinen.“ Dem folgten auch die Staatsanwaltschaft und das Gericht, das noch einmal weitere neun Monate auf das Strafkonto des Mannes buchte. Vielleicht tut ihm das gut. Die letzte Jugendstrafe nutzte er, um den Hauptschulabschluss nachzumachen.