Erst geschlagen, dann in Brand gesetzt: Mit 84 Jahren hat eine Frau am Bodensee ihren ebenfalls betagten Ex-Mann getötet. Der Richter spricht von einem „absolut grausamen Mord“ - aus Angst vor einem Rauswurf aus dem gemeinsam bewohnten Haus.

Konstanz - Die Frau im Gerichtssaal ist schwerhörig und sitzt im Rollstuhl, erblinden wird sie wohl bald im Gefängnis. Doch trotz ihres hohen Alters saß sie in den vergangenen Wochen im Landgericht Konstanz auf der Anklagebank. Die 84-Jährige ist am Freitag zu elf Jahren Haft verurteilt worden - wegen Mordes und Brandstiftung mit Todesfolge. Damit geht ein Verfahren zu Ende, das der Vorsitzende Richter bei der Urteilsverkündung als „emotional für alle sehr belastend“ bezeichnet. Es gehe um einen „absolut grausamen Mord“.

 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor eine Haftstrafe von zwölf Jahren gefordert, die Verteidigung plädierte aufgrund besonderer Umstände für eine Freiheitsstrafe von weniger als zehn Jahren.

Nach Auffassung des Landgerichts hat die Seniorin im Januar ihren 73 Jahre alten Ex-Mann getötet, weil sie Angst hatte, von ihm vor die Tür gesetzt zu werden. Zunächst hatte die Frau ihm mit einem Fleischerhammer gegen den Kopf geschlagen. Als der Mann ihr diesen abnahm und einen Notruf absetzte, überschüttete ihn die 84-Jährige mit Benzin und setzte ihn mit einem Streichholz in Brand. Der Mann blieb noch mehrere Minuten bei Bewusstsein und flehte am Telefon um Hilfe. Rettungskräfte konnten ihn aber nur noch tot bergen. 

Das Zusammenleben zwischen der 84-Jährigen und ihrem Ex-Mann sei vor der „schrecklichen Tat“ durch Lieblosigkeit, gegenseitige Beleidigungen und gesundheitliche Probleme schwer belastet gewesen, sagte der Vorsitzende Richter. Die Frau habe sich noch Jahrzehnte nach der Trennung von ihm aushalten lassen, habe aber weder emotional noch finanziell etwas beigetragen. Der 73-Jährige sei zeitlebens ein fürsorglicher Mensch, während des Zusammenlebens aber zunehmend depressiv gewesen.

Prozess durch gesundheitlichen Zustand der Frau erschwert

Schließlich habe der Mann den Entschluss gefasst, sein Haus zu verkaufen und ein neues Leben mit einer neuen Partnerin zu beginnen. Das habe er der 84-Jährigen deutlich mitgeteilt. Für den Vorschlag, in ein Heim zu gehen, sei sie aber „überhaupt nicht zugänglich gewesen“, sagte der Richter. Sie habe das inzwischen vermüllte Haus als ihre Heimat betrachtet. Nach dem angedrohten Rauswurf habe sie zunächst Suizidgedanken gehabt, auch das Haus habe sie anzünden wollen und dafür Benzin auf dem Balkon gelagert.

Warum die gesundheitlich schwer angeschlagene 84-Jährige Mitte Januar zunächst zum Fleischerhammer griff, konnte das Landgericht nicht abschließend klären. Die Frau selbst hatte gesagt, sie habe sich von ihrem Ex-Mann vernachlässigt und misshandelt gefühlt. Nach einer Gewaltandrohung habe sie eine Entschuldigung von ihm gewollt, aber nicht bekommen. Es sei aber nicht ihre Absicht gewesen, ihn zu töten.

Nach dem Schlag habe der 73-Jährige gesagt, er habe sie jetzt da, wo er sie haben wolle, und werde sie einweisen lassen. Er wählte den Notruf - und die Frau holte Benzin aus dem Kanister auf dem Balkon. „Da hat sie den Entschluss gefasst, nicht nur das Haus anzuzünden“, sagte der Vorsitzende Richter. Sie sei zwar wegen beginnender Demenz und der psychisch belastenden Situation nur vermindert schuldfähig.

Es handle sich aber nicht um eine Affekttat, sondern Mord mit einem gemeingefährlichen Mittel. Denn die Frau habe auch die Einsatzkräfte gefährdet, die das Feuer löschen mussten. Das hohe Alter und den schlechten Gesundheitszustand der Frau berücksichtigte das Landgericht bei seinem Urteil. Es sei aber unwahrscheinlich, dass die 84-Jährige das Ende ihrer Haftstrafe erleben werde, sagte der vorsitzende Richter.

Auch der Prozess selbst war durch den gesundheitlichen Zustand der Frau erschwert worden. So musste das Gericht vor den Plädoyers am Freitag erst neue Batterien für das Hörgerät der 84-Jährigen besorgen. Der Vorsitzende Richter dankte zudem der Verteidigerin, die ihre betagte Mandantin unter anderem zum Gericht transportiert und in den Pausen betreut hatte. Das Ganze sei auch in dieser Hinsicht ein „außergewöhnlicher Fall“ gewesen.