Jetzt steht ein 64-jähriger Paketzusteller vor Gericht, weil er die Straße nicht abgesichert hat.

Leonberg - Ein Paketzusteller ist mit seinem Transporter unterwegs gewesen, als dieser Motoröl verlor. Weil er aber die Ölspur nicht abgesichert hatte, rutschte ein Motorradfahrer darauf aus und verletzte sich. Den Ditzinger interessierte das herzlich wenig, und er machte sich wieder an die Arbeit. Jetzt wurde der 64-Jährige am Leonberger Amtsgericht wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, Körperverletzung und unerlaubtem Entfernen vom Unfallort verurteilt.

 

Der Sturz auf dem Ölfilm im vergangenen Mai hatte für den Motorradfahrer nicht unerhebliche Folgen. Der Rutesheimer kam mit einem Außenbandriss im Knie, einem Haarriss im Knochen und einer Schleimbeuteleinblutung ins Krankenhaus – und das ausgerechnet auch noch an seinem Geburtstag, wie er vor Gericht angab. Der 53-Jährige war mehrere Wochen krankgeschrieben, und hat sich bis heute noch nicht ganz von dem Unfall erholt. „Ich bekomme immer wieder ein steifes Knie, aber eine Operation wird wohl nicht notwendig sein“, sagte der Biker. Der Schaden an seinem Chopper belief sich auf rund 1000 Euro.

Schuld daran war ein Paketzusteller aus Ditzingen, der damals mit seinem Transporter auf der Brennerstraße in Leonberg unterwegs war. Nachdem er bemerkt hatte, dass sein Fahrzeug Motoröl verliert, stellte er dieses am Straßenrand ab. Doch die etwa 150 Meter lange Ölspur zu sichern, kam ihm nicht in den Sinn. Stattdessen rief er seinen Chef an, der später einen Ersatzwagen vorbeibrachte. In der Zwischenzeit kam es zu dem Sturz, als der Rutesheimer mit seiner Maschine in die Reinhold-Vöster-Straße einbiegen wollte.

Hat er den Sturz mitbekommen?

Der verletzte Motorradfahrer habe den Angeklagten nicht interessiert, erzählte er einer Autofahrerin, die mit ihrem Freund unterwegs war und angehalten hatte – das Pärchen war es auch, das die Ölspur mit einem Warndreieck abgesichert hatte. „Er war nur damit beschäftigt, die Pakete umzuladen!“ Danach war der Ditzinger Richtung Höfingen aufgebrochen, um die restlichen Pakete auszuliefern. Erst auf Drängen der eingetroffenen Polizei forderte ihn sein Chef auf, zurückzukommen. Dann half er immerhin der Feuerwehr, die Ölspur mit Sand abzustreuen. Der Angeklagte wollte den Sturz nicht mitbekommen haben. „Sonst wäre ich auch da geblieben“, erklärte der aus Osteuropa stammende Mann. Er machte trotz seiner bescheidenen Deutschkenntnisse und des Vorschlags der Richterin, notfalls einen Dolmetscher hinzuzuziehen, eine Aussage. Dass der Biker auf der Ölspur ausgerutscht sei, habe er erst erfahren, als er zurückgekommen sei, erklärte der 64-Jährige, der ohne rechtlichen Beistand am Amtsgericht erschienen war.

„Fehlendes Unrechtsbewusstsein“

Die Richterin Sandra De Falco glaubte ihm nicht. „Die Bilder zeigen eindeutig, dass der Sturz in Ihrem Sichtfeld war, und Sie hatten freien Blick auf die Unfallstelle“, sagte sie und monierte: „Durch Unterlassung der Absicherung der Ölspur sind Sie schuld daran, dass sich der Motorradfahrer verletzte, und dann fuhren Sie auch noch weg.“ Sie warf dem Mann ein „fehlendes Unrechtsbewusstsein“ vor. „Nicht das Fahrzeug, das Sie am Straßenrand abgestellt hatten, war das gefährdende Element, sondern die Ölspur, die Sie nicht abgesichert hatten!“

Am Ende lautete das Urteil für den bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getretenen und inzwischen arbeitslosen Mann 70 Tagessätze zu je zehn Euro. Außerdem bleibt sein Führerschein, der damals eingezogen wurde, weitere sieben Monate unter Verschluss. Mit diesem Strafmaß war das Gericht auch dem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt.