Die Verhandlung endet mit einer Einstellung. Der Hauptzeuge taucht nicht auf.

Leonberg - Zwei Mal hatte die Richterin Jasmin Steinhart in der Verhandlung den Hauptbelastungszeugen erfolglos angerufen. Zuerst behauptete dieser, dass sie falsch verbunden war, dann schaltete er auch noch sein Handy aus. Dieses Verhalten ließ Zweifel an dem angeklagten Tathergang aufkommen, und die Sache gegen den 40-Jährigen, der sich am Leonberger Amtsgericht wegen Bedrohung verantworten musste, wurde gegen die Zahlung einer Geldauflage vorläufig eingestellt.

 

Die Staatsanwaltschaft hatte dem Mann aus dem thüringischen Ilm-Kreis vorgeworfen, bei einer Transportfahrt auf der A 81 bei Leonberg im März vor einem Jahr mit einer Schreckschusspistole auf seinen Vordermann geschossen zu haben – offenbar aus Verärgerung über dessen Fahrweise. Bei der Durchsuchung des Lkw-Führerhauses fanden die Polizeibeamten tatsächlich eine solche Pistole, für die der 40-Jährige einen entsprechenden Waffenschein besaß. Allerdings ließ der frühere Berufskraftfahrer und heutige Mitarbeiter einer städtischen Umweltbehörde über seinen Anwalt erklären, dass er diese nicht benutzt habe.

Mit Kopf-ab-Geste gedroht

Laut seinem Verteidiger hatte er sich darüber geärgert, dass er mehrmals von seinem Vordermann ausgebremst wurde. Als dieser ihm dann am Ende auch noch mit einer Kopf-ab-Geste gedroht hatte, revanchierte er sich, indem er seine Hand zu einer Pistole formte – das war ihm zufolge aber auch alles. „Die Schreckschusswaffe liegt in einer Kühlbox, an die ich während der Fahrt nicht herankomme“, ergänzte der Angeklagte die Ausführungen seines Anwalts. Und überhaupt: „Wenn ich tatsächlich mit der Pistole mitten im Berufsverkehr herumgeschossen hätte, dann hätten es doch auch andere Autofahrer mitbekommen!“ Der Anwalt schlug vor, die Aufnahmen der im Führerhaus angebrachten Dashcam zu sichten, doch davon versprach sich das Gericht nicht allzu viele Erkenntnisse.

Dass er eine Schreckschusspistole bei sich führte, das hatte der 40-Jährige der Polizei gegenüber zunächst verschwiegen – die Beamten konnten den Lkw schnell ausfindig machen, nachdem sie von dem Autofahrer alarmiert wurden. „Ich war ziemlich perplex in der Situation“, sagte der Angeklagte. „Ich wurde von der Polizei mit gezogenen Pistolen am Standstreifen angehalten, das erlebt man doch nicht alle Tage.“ Ob die Waffe damals tatsächlich abgefeuert wurde, das konnten auch die geladenen Verkehrspolizisten nicht mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit sagen, denn Hinweise darauf ließen sich nicht finden.

1000 Euro, 100 Arbeitsstunden

Mehr Licht ins Dunkel konnte folglich nur der beteiligte Autofahrer bringen, der aber der Verhandlung fern geblieben war. Deshalb regte der Verteidiger des Mannes eine Einstellung des Verfahrens an. Und nachdem die Rechtsreferendarin Rücksprache mit ihren Vorgesetzten gehalten hatte, stimmte auch sie dem Vorschlag zu – allerdings gegen die Zahlung von 2000 Euro. Weil es angesichts des Einkommens und der Unterhaltspflicht für den Mann schlichtweg nicht möglich war, die Summe in sechs Monatsraten zu begleichen, einigten sich die Verfahrensbeteiligten schließlich auf folgenden Kompromiss: 1000 Euro und dazu 100 Arbeitsstunden. Außerdem musste der 40-Jährige der Einziehung seiner Schreckschusspistole samt Magazin zustimmen.

Sein Nichterscheinen vor Gericht wird übrigens auch für den Autofahrer aus Calw ein Nachspiel haben. Die Amtsrichterin Jasmin Steinhart belegte den Mann mit einem Ordnungsgeld in Höhe von 300 Euro oder ersatzweise fünf Tagen Arrest.