Gerichtsurteil: Der 61-Jährige muss wegen Unterschlagung für 16 Monate ins Gefängnis.

Leonberg - Seinem Chef gaukelte er vor, wegen einer Lieferung nach Italien zu fahren, doch stattdessen setzte er sich mit einem angemieteten Transporter nach Spanien ab. Dank glücklicher Umstände wurde fünf Jahre nach der Tat jetzt ein 61 Jahre alter Mann am Leonberger Amtsgericht verurteilt – er muss wegen Unterschlagung für 16 Monate ins Gefängnis.

 

Dass es nach mehr als fünf Jahren doch noch zu einer Gerichtsverhandlung gekommen ist, war letztlich der Unwissenheit des Angeklagten geschuldet. Ende 2017 kam er wegen eines Jobs aus Spanien zurück nach Deutschland. Als er sich dann auf dem Bürgeramt in Tübingen ummelden wollte, klickten die Handschellen. Offenbar hatte der Mann keinen blassen Schimmer, dass er per Haftbefehl gesucht wurde.

Der frühere Paketzusteller hatte im Sommer 2012 seinen Chef übers Ohr gehauen. Dem Firmeninhaber aus Weil der Stadt erzählte er, dass er einen Disponenten aus seiner Zeit als selbstständiger Transportunternehmer kannte und für ihn Kunden mit diamantbesetzten Fräsmessern in Italien beliefern kann. Doch am Ende platzte die Sache. Der Angeklagte fälschte eine E-Mail-Adresse, legte einen fingierten Kundenauftrag vor, um an den von seinem Chef angemieteten Lieferwagen heranzukommen und verschwand nach Spanien – dort hatte er schon früher immer wieder bei Bekannten gelebt.

Mann wird bei Routinekontrolle erwischt

Seine Freude über das ergaunerte Fahrzeug, an dem er die Aufkleber der Autovermietung entfernt hatte, währte aber nicht lange. Bereits im September ging der Mann der spanischen Polizei bei einer Routinekontrolle ins Netz, und der Wagen wurde beschlagnahmt – da er später an die Autovermietung zurückgeführt werden konnte, ging es in der Verhandlung lediglich um den entstandenen Ausfallschaden in Höhe von 4300 Euro. „Bei der Vernehmung auf der Wache hieß es nur, dass ich irgendwann eine Rechnung bekomme und das war’s“, sagte der 61-Jährige, der sich dann keine Gedanken mehr über die Sache machte und Ende 2017 völlig unbesorgt nach Deutschland einreiste. Seitdem saß er in der Untersuchungshaft ein.

Der gelernte Fernmeldetechniker stand nicht zum ersten Mal vor Gericht. 16 Einträge listete der Auszug aus dem Bundeszentralregister auf. Schon mehrmals musste der 61-Jährige ins Gefängnis. Dabei ging es meistens um Diebstahl und Betrug, zuletzt wurde er aber in Spanien wegen Mordes zu einer Haftstrafe von 15 Jahren verurteilt. Seitdem stand er unter Führungsaufsicht – auch noch, als er sich mit dem angemieteten Transporter nach Spanien abgesetzt hatte.

Nicht zuletzt deswegen konnte die Amtsrichterin Jasmin Steinhart ihm keine positive Sozialprognose ausstellen, eine Strafaussetzung zur Bewährung kam für sie nicht infrage. „Sie haben keine sozialen Bindungen und keine geordneten Verhältnisse, daher gibt es keine Anhaltspunkte, dass Sie ein Leben ohne Straftaten führen werden.“ Auch die lange Zeitspanne von mehr als fünf Jahren seit der Tat wertete sie nicht zu seinen Gunsten. „Es war keine Eingebung von Reue, dass Sie zurückgekommen sind, Sie wussten schlichtweg nichts von dem Haftbefehl“, sagte Richterin Steinhart, die überzeugt war, dass er sich nicht aus freien Stücken gestellt hätte.

Mit seinem Urteil war das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt. Auch die Pflichtverteidigerin des Mannes erkannte, dass kein Weg an einer Gefängnisstrafe vorbeiführte – sie hielt jedoch ein Jahr für Tat und Schuld angemessen.