Der Mann wird durch eine DNA-Analyse überführt und zwölf Jahre nach der Tat verurteilt.

Leonberg - Zwölf Jahre nach der Vergewaltigung einer damals 18-Jährigen Leonbergerin in der Wohnung ihrer Eltern ist ein Mann aus Korntal-Münchingen jetzt am Leonberger Schöffengericht zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Der Fall wurde damals ungeklärt zu den Akten gelegt, doch dann hatte eine DNA-Analyse den 40-Jährigen überführt.

 

Während der beiden Verhandlungstage wirkte der Beschuldigte abwesend, als ginge es in der ganzen Sache gar nicht um ihn, wenn überhaupt, dann spielte er allerhöchstens an seiner Cap herum, die er auf den Tisch gelegt hatte. Bei der Urteilsbegründung durch die Richterin Sandra De Falco fühlte sich der angelernte Kfz-Mechaniker dann doch veranlasst, etwas zu sagen, aber dafür war es schon zu spät, und am Ende lachte er nur höhnisch.

Das Schöffengericht war nach der Beweisaufnahme überzeugt, dass der Mann die damals 18-Jährige gegen ihren Willen zum Geschlechtsverkehr gezwungen hatte. „Wir haben keine Anhaltspunkte, um an der Glaubwürdigkeit der Frau zu zweifeln“, sagte Richterin De Falco und meinte: „Welches Motiv sollte sie denn haben, um sich die Geschichte auszudenken?“ Das Gericht ging beim Strafmaß auch nicht von einem minderschweren Fall aus. „Das einzige Argument, das dafür sprechen könnte, wäre die lange Zeit, die seit dem Tatgeschehen vergangen ist – aber das allein reicht als Umstand nicht aus“, betonte die Richterin und erklärte, dass die Tat an sich keinerlei Abweichungen aufweise, um das Mindeststrafmaß von zwei Jahren zu reduzieren.

Vergewaltigt in der elterlichen Wohnung

Der 40-Jährige hatte der jungen Frau im Februar 2006 nach einem Discobesuch in der Leonberger Innenstadt spät nachts aufgelauert, sie zunächst am Leo-Center zu Boden geworfen und versucht, ihr unter das Oberteil zu greifen. Nachdem es der 18-Jährigen gelungen war, sich zu befreien, folgte er ihr in die Neuköllner Straße, er schlich sich in den Aufzug und betrat mit ihr die Wohnung ihrer Eltern. Dann vergewaltigte er sie in ihrem Zimmer. Dies hatte der Mann in der Verhandlung abgestritten und über seinen Anwalt versichert, dass es zum einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gekommen war (wir berichteten).

Die heute 30-Jährige, die in der Verhandlung als Nebenklägerin auftrat, konnte sich nur noch bruchstückhaft an die Nacht erinnern, weil sie betrunken war – sie hatte aber auch gemutmaßt, dass ihr jemand in der Disco ein Betäubungsmittel in das Getränk gekippt haben könnte. Sie erzählte, dass der Mann sie an ihren Handgelenken festgehalten, und auch trotz ihrer Drohung, die Polizei zu rufen, nicht von ihr abgelassen hatte. Ihre Schwester, die wie auch die Mutter durch die lauten Stimmen wach geworden waren, hatte mit dem „Gebrabbel“ der 30-Jährigen angenommen, dass alles in Ordnung war. Am nächsten Morgen erstattete sie Anzeige.

Ermittlungen waren nicht einfach

Weil die Frau keine Personenbeschreibung abgeben konnte, gestalteten sich die Ermittlungen schwierig, und der Fall wurde schließlich zu den Akten gelegt. Doch zehn Jahre später kam Bewegung in die Sache. Das Landeskriminalamt konnte bei einem DNA-Abgleich einen Treffer vermelden. Nach der Vergewaltigung wurden unter anderem Spermaspuren gesichert, und der Mann aus dem Strohgäu hatte im November 2016 im Rahmen einer ihm vorgeworfenen Erpressung freiwillig DNA abgegeben und war so ins Visier der Justiz geraten.

Der Gutachter vom kriminaltechnischen Institut hatte bestätigt, dass die Spuren eindeutig dem 40-Jährigen zugeordnet werden konnten. In der Verhandlung sagte auch die Gynäkologin der Frau aus und berichtete, dass sie damals Hämatome an deren Handgelenken festgestellt hatte.

30-Jährige will Schlussstrich ziehen

„Die Frage, die sich auch stellte, war: Hätte es der Angeklagte erkennen können, dass er gegen ihren Willen den Beischlaf vollzog, da diese psychisch wie auch körperlich eingeschränkt war?“, sagte die Richterin, meinte aber: „Wir müssen nicht hypothetisch jeder Möglichkeit zugunsten des Angeklagten nachgehen.“

Mit der Freiheitsstrafe war das Schöffengericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt. Auch der Nebenklagevertreter sah darin die angemessene Strafe für den bis dato nicht vorbestraften Mann. Dieser hatte auch erklärt, dass die 30-Jährige jetzt endgültig einen Schlussstrich unter die Sache ziehen will. Deshalb verzichtete sie auf eine Adhäsionsklage, um etwaige Ansprüche geltend zu machen, und auch zivilrechtlich möchte sie nicht gegen den Mann vorgehen.

Der Verteidiger hatte einen Freispruch gefordert, weil die fehlenden Hilfeschreie und auch der Umstand, dass sein Mandant der Frau ohne Gewalteinwirkung in den Aufzug und dann in die Wohnung folgen konnte nach seiner Ansicht gegen eine Vergewaltigung sprachen. Ob der 40-Jährige das Urteil akzeptiert, war am Ende des Prozesses nicht klar.