Ein Betrunkener (23) nimmt seinem Opfer die Mütze weg. Angeklagt wird er wegen Raubes.

Leonberg - Eigentlich wollte sich der 23-Jährige nur wichtigmachen, doch das hätte ihm fast eine Gefängnisstrafe eingebracht. Nach einem alkoholseligen Abend riss der Mann im April vergangenen Jahres auf einem Parkplatz in der Römerstraße in Leonberg einem Jugendlichen dessen Baseballkappe vom Kopf, um vor seinen Kumpels groß rauszukommen. „Halt die Fresse, sonst gibt’s eins auf die Fresse“, soll er dabei laut Anklage gerufen haben. Diese Gewaltandrohung führte dazu, dass der 23-Jährige vor dem Amtsgericht Leonberg wegen räuberischer Erpressung angeklagt wurde, was eine Mindeststrafe von einem Jahr nach sich zieht.

 

„Betrunken bis angetrunken“

Der Angeklagte räumte die Tat unumwunden ein, er sei sich der Folgen jedoch nicht bewusst gewesen. „Mir war nicht bewusst, dass ich eine Straftat begangen habe“, meinte er. Er habe mit Freunden zwei Stunden vorher Alkohol gekauft, weil sie einen Geburtstag nachfeiern wollten. An vier bis fünf Bier und ein paar Wodka Red Bull meinte er sich zu erinnern. „Ich habe mich angetrunken bis betrunken gefühlt“, erklärte der 23-Jährige.

Er habe sich vor seinen Freunden wichtigmachen wollen, als er dem Jungen, den er vom Sehen her kannte, die Kappe vom Kopf gerissen habe. „Ich hatte damals eine aggressive Phase, in meiner Ausbildung lief es nicht gut“, begründete der Industriemechaniker-Azubi sein Verhalten. Die Kappe habe er überhaupt nicht gebraucht, er habe selbst 20 Stück dieser Art besessen. „Ich habe mich geschämt und wollte die Kappe eigentlich zurückgeben, ich habe sie nur ein einziges Mal aufgehabt“, beteuerte der Angeklagte.

Die Baseballkappe fanden Polizisten im Zimmer des 23-Jährigen, als sie ihn zu dem Vorwurf verhörten. „Der Eigentümer der Mütze war ziemlich aufgelöst, als er zu uns kam, sie war ihm wichtig“, berichtete ein Polizist im Zeugenstand. Allerdings war auch das Opfer an dem Abend nicht nüchtern, ein Blutalkoholtest hatte einen Wert von 0,7 Promille bei ihm ergeben.

Opfer wird zum Joker

Ebenjenes Opfer, das am ersten Verhandlungstag nicht erschien, wurde am zweiten Tag zum Joker für den Angeklagten. Er gab an, er können sich an den Vorfall nicht erinnern und brach eine Lanze für den Täter: „Ich vergebe ihm gerne, bestrafen Sie ihn nicht zu hart“, sagte er in Richtung von Amtsrichterin Sandra De Falco und der Schöffen. Er habe seit Kurzem zum Glauben gefunden.

Da sich die Gewaltandrohung nicht nachweisen ließ, plädierte der Staatsanwalt nicht auf räuberische Erpressung, sondern auf einen einfachen Diebstahl und beantragte für den nicht Vorbestraften eine Geldstrafe von 300 Euro. Für ihn spreche sein Geständnis, der geringe Wert der Mütze und die Tatsache, dass die Tat schon länger als ein Jahr zurückliege. Diesem Antrag schloss sich das Schöffengericht an und verurteilte ihn zu der Geldstrafe von 300 Euro wegen Diebstahls. Darüber war der 23-Jährige so glücklich, dass er – ebenso wie der Staatsanwalt – auf Rechtsmittel verzichtete.