Ein ehemaliger Mitarbeiter der Stadt wird verurteilt, weil er handgreiflich gegen Betrunkene geworden ist. Der Mann bezeichnete die „leichten“ Ohrfeigen als „mildes“ Mittel.

Region: Verena Mayer (ena)

Ludwigsburg - Ein Ordnungshüter der Stadt Ludwigsburg ist selbst mit dem Gesetz in Konflikt geraten: Wegen Körperverletzung ist er vom Amtsgericht zu acht Monaten Haft auf Bewährung sowie einer Geldstrafe von 250 Euro verurteilt worden – und seinen Job los. Der 29-Jährige, der zeitweise Teamleiter beim Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) war, war handgreiflich gegen zwei Obdachlose geworden, weil sie seinen Ansagen nicht folgten.

 

Missbrauch von Verantwortung

In einem Fall hat der Mann einen Betrunken am Bahnhof zu Fall gebracht, der Passanten angepöbelt hatte und sich nach dem daraufhin ausgesprochenen Platzverweis angeblich nicht rasch genug vom Acker machte. In zwei anderen Fällen hat der 29-Jährige einen Betrunkenen geohrfeigt, weil dieser den ausgesprochenen Platzverweis komplett ignorierte, beziehungsweise um ihm die Bedeutung ordnungswidrigen Verhaltens klar zu machen.

Der Angeklagte bestritt die Handgreiflichkeiten nicht, schilderte sie allerdings weniger dramatisch. So bezeichnete er die „leichten“ Ohrfeigen etwa als „mildes“ Mittel, um den Platzverweis gegen den stark alkoholisierten Obdachlosen durchzusetzen. Tatsächlich sei der Mann ja auch abgezogen. Die Staatsanwältin hingegen wertete die Gewalt weder als angemessen noch als rechtens. Für die Richterin kam hinzu, dass der Mann seine Verantwortung und Macht missbraucht habe.

Mitarbeiter melden Vorgesetzten

Die beiden Fälle haben sich in den Jahren 2015 und 2016 ereignet – und waren bekannt worden, weil Mitarbeiter das Verhalten ihres Teamleiters gemeldet hatten. Nach der Recherche des zuständigen Abteilungsleiters im Rathaus stellte die Verwaltung den 29-Jährigen frei und zeigte ihn an. „Wir haben sehr schnell reagiert, sagt Peter Spear, der Sprecher der Stadt, der betont, dass es sich beim Vorgehen des Angeklagten um einen Einzelfall handle. Die Mitarbeiter des KOD würden sorgfältig ausgebildet und für den Umgang mit Obdachlosen speziell geschult.

Der Umgang mit suchtkranken Menschen erfordere ein großes Maß an Frustrationstoleranz, sagt Heinrich Knodel, der die Wohnungslosenhilfe im Landkreis Ludwigsburg leitet. Menschen, die sich abweichend verhalten, trotzdem respektvoll zu begegnen, könne jeden an eine Grenze bringen, habe er gelernt. „Aber natürlich muss das der Anspruch sein.“

Der zunächst freigestellte Mitarbeiter der Stadt Ludwigsburg hat inzwischen einen Aufhebungsvertrag unterschrieben und absolviert eine Ausbildung in einer anderen Branche.