Ein Drogenabhängiger steht vor dem Stuttgarter Landgericht, weil er im Streit einen Mann mit Tritten schwer verletzt haben soll. Eines der Beweismittel ist ein Brief an seine Mutter.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Es ist der Brief eines Intensivtäters: „Liebe Mama, ich sitze mal wieder im Gefängnis“, beginnt das Schreiben des Anklagten, aus dem der Vorsitzende Richter Joachim Holzhausen vorliest und es so im Verfahren vor der 1. Großen Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts als Beweismittel einführt. Im Brief an die Mutter schildert der Angeklagte, dass er sich aufgrund seines Drogenrausches nicht mehr an die Tat erinnern könne, außerdem davon ausgehe, nicht so schnell aus dem Gefängnis rauszukommen. Mit der Bitte um Geld endet der Brief des 40-Jährigen, dem die Staatsanwaltschaft versuchten Totschlag zur Last legt.

 

Es ist eine Tat, die am Rand der Gesellschaft angesiedelt ist, mutmaßlich begangen von einem sozial Entwurzelten. Konstantinos T., Hartz-IV-Empfänger, seit 20 Jahren im Raum Ludwigsburg wohnhaft und noch länger schon drogenabhängig, vertreibt sich an diesem Tag im August 2021 die Zeit am Stuttgarter Hauptbahnhof. So feiert er Geburtstag, seinen 39. Besonders an diesem Tag ist wahrscheinlich nur, dass ihn eine Freundin auf seiner Tour begleitet, die wie so oft am Morgen mit dem Konsum von Kokain, Schmerz- und Betäubungstabletten, Alkohol und Marihuana beginnt. Heroin könnte auch dabei gewesen sein, so genau weiß das Konstantinos T. nicht mehr. In der Klett-Passage kommt es am Abend in der Gruppe, zu der sich der Angeklagte und seine Begleiterin gesellt haben, zum Streit. Den Ermittlungen zufolge habe in dessen Verlauf Konstantinos T. eine blutige Nase davongetragen – eine Verletzung, die ihm Steffen B. zugefügt haben soll.

Die Wege kreuzen sich noch einmal auf dramatische Weise

Danach trennen sich die Wege von Steffen B. und Konstantinos T., kreuzen sich aber zwei Stunden später vor dem Rewe in der Lautenschlagerstraße erneut zufällig, wo gegen 22 Uhr Alkohol nachgekauft wird. Der Angeklagte erinnert sich nur daran, dass Steffen B. dort seine Begleiterin beleidigt und ihn selbst als „Hurensohn“ bezeichnet habe. „Danach wurde es schwarz um mich herum“, sagt der Angeklagte, dem die Staatsanwaltschaft vorwirft, den Kontrahenten zu Boden gebracht und daraufhin brutal auf dessen Kopf eingetreten zu haben. Unter anderem wurden dem Opfer Ober- und Unterkiefer sowie das Jochbein gebrochen. Außerdem mussten ihm bei einer Operation mehrere Zähne gezogen werden.

Mit Blick auf das ausstehende Urteil kommt erschwerend hinzu, dass das Vorstrafenregister von Konstantinos T. Verurteilungen wegen Diebstahls, Körperverletzung und unerlaubten Waffenbesitz aufweist.