Fußballprofi Kevin Großkreutz sagt Zeugenvernehmung vor dem Amtsgericht krankheitsbedingt ab. Die Angeklagten in Prügelprozess sind teilweise geständig, wollen aber vom Weltmeister provoziert worden sein.

Stuttgart - Der Auftrieb war absolut erstligatauglich. Zum Auftakt des Prozesses gegen zwei junge Männer, die in der Nacht zum 28. Februar den damaligen VfB-Profi Kevin Großkreutz krankenhausreif geschlagen haben, lockte allein sechs Kamerateams in das sonst eher ruhige Stuttgarter Amtsgericht. Und die Verhandlung begann auch tatsächlich mit einem Knalleffekt. Die beiden 17 und 18 Jahre alten Angeklagten räumten über ihre Anwälte einen Teil der Vorwürfe wegen gefährlicher Körperverletzung ein und entschuldigten sich. Der ältere gab einen Faustschlag ins Gesicht von Großkreutz zu, der andere einen Tritt gegen den Kopf des am Boden liegenden Fußballprofis, der bei der Attacke schwer verletzt wurde und in ein Krankenhaus musste. Man war also gespannt auf die Einlassungen von Großkreutz, aber der als Zeuge geladene Weltmeister ließ sich per Attest krankheitshalber entschuldigen.

 

Unvorhersehbare Aggression oder Provokation?

Die Richterin musste also ohne den Geschädigten, der mittlerweile bei Darmstadt 98 in der zweiten Liga spielt, in die Zeugenbefragung einsteigen. Das Gericht will Licht ins Dunkel der Vorfälle in der Nacht von Rosenmontag auf Faschingsdienstag am Rand des Stuttgarter Rotlichtviertels bringen. Was genau da passiert ist, wird für das Strafmaß nicht unwichtig sein. Die beiden Angeklagten sind polizeibekannt, der eine sitzt gerade wegen eines anderen Delikts im Gefängnis, der andere wurde aus der Untersuchungshaft in Stammheim vorgeführt. Die Frage ist also wichtig – war die Tat nichts weiter als nackte, unvorhersehbare Aggression bekannter Schläger oder wurden sie zuvor von Großkreutz heftig provoziert?

Die Zeugen hatten alle zu viel Alkohol getrunken

Aber bei der Frage wurde es dann doch sehr unübersichtlich. Die Zeugen, fast alles Jugendliche und darunter auch zur Großkreutz-Gruppe zählende damalige Jugendspieler des VfB, hatten doch sehr unterschiedliche Versionen auf Lager – dabei räumten die meisten ein, an dem Abend ordentliche Mengen Alkohol getrunken zu haben. Einig sind sich die Zeugen nur, dass der Streit zwischen beiden Gruppen mit dem Tritt auf den Fuß von einem aus dem Großkreutz-Sprengel begann. Danach gibt es grob zwei Versionen: Die Angeklagten und zwei Zeugen berichten, dass die Situation eigentlich schon friedlich geklärt war, als ein betrunkener Großkreutz wild fuchtelnd auf sie zugerannt sei. Er habe einen der Angeklagten beleidigt („Du Hurensohn“) und geschubst. Daraufhin hätte der sich gewehrt. Andere Zeugen meinen sich zu erinnern, dass Großkreutz schlichten wollte, dabei aber zuerst umgestoßen und später verprügelt wurde.

Provokateur oder Schlichter – für die Folgen der Nacht ist das für Großkreutz unerheblich. Der 29-jährige Fußballprofi verlor in der Folge der Geschichte seinen Job beim VfB. Nicht zuletzt, weil er die Jugendkicker animiert hatte, mit ihm nachts noch um die Häuser im Leonhardsviertel zu ziehen, wobei er da „seinen Spaß hatte“, wie ein Zeuge erklärte. Ob sich der Fußballer am nächsten und mutmaßlich letzten Verhandlungstag noch äußert, wird man sehen – am 5. Oktober ist der nächste Termin, Kevin Großkreutz wird wieder geladen.