Dem 23-jährigen Angeklagten wird versuchter Mord in 24 Fällen vorgeworfen. So viele Personen waren in dem Gebäude, als er es am Abend des 16. März in Brand steckte.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Urbach - Am Abend des 16. März hat ein 23-jähriger Mann aus dem Iran, der die afghanische Staatsbürgerschaft hat, die Asylunterkunft Wasenmühle in Urbach in Brand gesteckt. Er behauptete im Prozess vor dem Stuttgarter Landgericht, er habe sich selbst verbrennen wollen, weil er von seiner Lebenssituation frustriert gewesen sei. Deshalb habe er seine Jacke angezündet, sich diese jedoch vom Leib gerissen und auf sein Bett geworfen. Im Glauben, die Flammen seien ausgegangen, habe er das Zimmer in der Unterkunft verlassen. Erst als er davor stand, habe er die Flammen durch das Fenster im oberen Stock des aus Containern zusammengefügten Gebäudes gesehen.

 

Heimtücke als Mordmerkmal

Die Staatsanwaltschaft geht jedoch von einem anderen Szenario aus, wie sich gestern im Plädoyer des Anklägers zeigte. Dieser fordert zehn Jahre Haft wegen versuchten Mordes in 24 Fällen und schwerer Brandstiftung. Der Angeklagte habe die Matratze seines Bettes in Brand gesteckt, weil er aus verschiedenen Gründen frustriert gewesen sei. Er hatte an dem Tag einen negativen Bescheid wegen seines Asylverfahrens bekommen und obendrein erfahren, dass seine Mutter im Iran schwer krank geworden sei. Heimtückisch habe er gehandelt, denn gegen 22.30 Uhr habe der Angeklagte davon ausgehen müssen, dass einige seiner Nachbarn in dem Gebäude bereits schliefen und von den Flammen überrascht würden. 22 der 39 gemeldeten Bewohner waren an dem Abend in dem aus 60 Containern bestehenden Gebäude, dazu kamen noch zwei Gäste.

Fassungslosigkeit über emotionsloses Verhalten

„Fassungslos bin ich über das Verhalten des Angeklagten nach der Tat“, sagte der Staatsanwalt. Denn der 23-Jährige war nicht nur aus dem Gebäude gegangen, er filmte zudem, wie die Flammen aus den Fenstern im ersten Stock schlugen. Am Dienstag wurden die drei kurzen Filme, die der Angeklagte mit einem Smartphone gedreht hatte, im Gericht gezeigt. Darauf ist auch das Eintreffen der Feuerwehr zu sehen, die mit einem Großaufgebot anrückte. Neben der Urbacher und der Plüderhausener Wehr waren Kräfte aus dem gesamten Remstal im Einsatz. Die Unterkunft wurde durch den Brand unbewohnbar, der Sachschaden betrug 280 000 Euro. Ein Bewohner, der versuchte, das Feuer zu löschen, erlitt eine Rauchvergiftung.

„Wir haben gefragt, wer in dem brennenden Zimmer wohnt“, sagte ein 22-jähriger Polizist als Zeuge aus. „Der Angeklagte kam auf uns zu und sagte, er habe das Zimmer angezündet.“ Der Mann habe völlig emotionslos gewirkt. Er habe zwar nach Alkohol gerochen, aber keine Anzeichen eines Rauschs gezeigt. Auch ein psychiatrischer Gutachter sagte, der Angeklagte habe keine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit durch Alkohol, Drogen oder anderes gehabt. „Von einer psychischen Ausnahmesituation kann man nicht sprechen.“

Das Abschiebungsverfahren läuft bereits

Der Verteidiger sagte, um eine Verurteilung wegen versuchten Mordes komme sein Mandant zwar nicht herum. Er plädierte jedoch für eine Strafe „deutlich unter zehn Jahren“ – der Strafrahmen reicht von drei bis 15 Jahren. Die Strafe werde er ohnehin nicht in Deutschland verbüßen, denn das Abschiebungsverfahren laufe bereits. Das Urteil wird an diesem Mittwoch um 11 Uhr verkündet.