Zu Ostern war die Leiche eines 59-Jährigen in einem Wald bei Esslingen-Sirnau entdeckt worden. Der mutmaßliche Mörder muss sich vor dem Landgericht Stuttgart verantworten. Am zweiten Prozesstag wurde ein Bild des Opfers gezeichnet. Und was sagte der Angeklagte?

Die Spannung im Sitzungssaal war fast mit Händen greifbar. Würde der Angeklagte an diesem zweiten Prozesstag vor dem Landgericht Stuttgart sein Schweigen brechen? Der Stuttgarter Hotelbetreiber soll im April einen Gast bestohlen, getötet und die Leiche in einem Waldstück bei Esslingen-Sirnau abgelegt haben. Doch wie schon beim Prozessauftakt wollte sich der 47-Jährige weder zu seiner Person noch zum Sachverhalt äußern. Es bestehe noch Klärungsbedarf, begründete sein Rechtsanwalt das Schweigen des Angeklagten. Aufgrund der strengen Besuchszeiten in der Justizvollzugsanstalt gestalte sich das schwierig. Doch nun sei ein Gesprächstermin vereinbart worden, der zwischen den nächsten Verhandlungstagen liege.

 

So lag der Schwerpunkt an diesem zweiten Prozesstag auf der Zeugenbefragung und dem Bemühen des Gerichts, sich ein Bild vom Charakter, dem Leben und der Biografie des 59-jährigen Opfers zu machen. Ein enger Freund beschrieb den Verstorbenen als einen hilfsbereiten, aber auch schwierigen Menschen, der in seinem Leben Höhen und Tiefen erlebt hatte. Früher habe das spätere Opfer als Koch, Sicherheitskraft oder Blumenverkäufer gearbeitet, doch während der zehn Jahre ihrer gemeinsamen Bekanntschaft habe ihm eine Erbschaft zunächst ein sorgloses Leben ermöglicht. Sein hoher Lebensstandard, ein gewisser Hang zum Luxus und das Faible für Markenkleidung habe aber dazu geführt, dass das Geld irgendwann aufgebraucht war. Es folgte ein tiefer Absturz. Das spätere Opfer, so sagte dessen Kumpel im Zeugenstand aus, sei verwahrlost, habe sein Äußeres vernachlässigt, fast wie ein Obdachloser gewirkt und versucht, seinen Lebensunterhalt mit dem Sammeln von Pfandflaschen zu bestreiten.

Als die finanzielle Not zu stark wurde, musste der Mann sein Haus veräußern. Aus dem Immobilienverkauf habe er etwa 500 000 Euro erhalten. Geld, das zunächst sein Anwalt verwaltet habe, da das spätere Opfer kein eigenes Bankkonto hatte. Auf der Suche nach einer neuen Bleibe haben sich beide Freunde, so der Zeuge weiter, Unterkünfte angeschaut und sich dann für das vom Angeklagten betriebene Hotel entschieden. Schon beim Einchecken sei es an der Rezeption zu Streitigkeiten gekommen. Das spätere Opfer habe sich lautstark und wortreich über den Preis aufgeregt und dabei zu verstehen gegeben, dass es für den Rest seines Lebens in diesem Hotel wohnen wolle.

Der Rezeptionist, der an diesem Tag Dienst hatte, sagte im Zeugenstand aus, das spätere Opfer habe bereits nach zehn Minuten erzählt, dass es durch den Hausverkauf über eine große Geldsumme verfüge. Auch habe der Mann immer wieder angeblich hochwertige Schmuck- und Kleidungsstücke aus seinem Besitz veräußern wollen. Einen Hotelsafe habe es in einem Hinterzimmer gegeben. In diesem Tresor soll der angeklagte Hotelbetreiber laut Staatsanwaltschaft eine hohe Summe Bargeld für das spätere Opfer aufbewahrt und sich davon aufgrund finanzieller Engpässe Geld genommen haben. Als das aufflog, soll er den Mann am Ostersonntag durch mindestens acht Schläge mit einer fünf Kilo schweren Hantel getötet und den Körper in einem Waldstück bei Sirnau versteckt haben.