Gewaltattacke in Remseck: Während der Opferanwalt an einen Racheakt aus Eifersucht glaubt, sieht das Gericht dafür keine Beweise.

Ludwigsburg - Hat das Opfer einer Gewaltattacke in Remseck nur überlebt, weil es Glück hatte, wie sein Verteidiger glaubt? Oder hatte der 38-Jährige Pech, weil die Schläger viel fester zugeschlagen haben, als sie eigentlich wollten, wie deren Anwälte meinen? Fest steht, dass der Mann so brutal geschlagen wurde, dass er bewusstlos zu Boden ging, eine Gehirnerschütterung sowie komplexe Brüche am Jochbein und den Knochen der Augenhöhle erlitt. Ärzte in der Notaufnahme befürchteten, er könne blind werden. Jetzt wurden die beiden Angreifer am Amtsgericht Ludwigsburg wegen gemeinsamer gefährlicher Körperverletzung verurteilt.

 

Angeklagt war neben den beiden 28 und 33 Jahre alten Brüdern auch deren 32 Jahre alte Schwester. Nach Ansicht der Ermittler hatten die drei ein Komplott geschmiedet und das spätere Opfer – den in Stuttgart lebenden Ex-Mann der 32-Jährigen – in eine Falle gelockt. Der Mann hatte die Frau, die ein Baby mit ihm hatte, im Sommer 2018 verlassen. Kurze Zeit vor dem Angriff hatte er ihr außerdem mitgeteilt, dass er wieder zu seiner ersten Frau zurückgekehrt sei. Ein klarer Fall von Rache aus Eifersucht also, wie der Anwalt des Ex-Manns meinte.

In die Falle gelockt?

Sie habe ihn am 25. Dezember 2018 angerufen, und mit ihm ausgemacht, dass er am Tag darauf, das gemeinsame, damals sechs Monate alte Kinde besuchen komme. „Das haben wir alle zwei Wochen so gemacht“, sagt der 38-Jährige, Man habe sich immer in der Remsecker Wohnung der Mutter seiner Ex getroffen, weil er nicht einmal wusste, wo diese wohnte.

Als der Mann wie vereinbart am 26. Dezember um 14.30 Uhr dort aufgetaucht ist, bedeutete ihm eine Schwester seiner Ex-Frau, doch erst einmal vor dem Haus zu warten. „Wenig später habe ich hinter mir Schritte gehört“, berichtete der Mann. „Und als ich mich umdrehte, bekam ich einen so kräftigen Schlag, dass mir weiß vor Augen und ich bewusstlos wurde.“ Wach geworden sei er erst wieder im Krankenhaus. Doch vor dem Schlag habe er noch erkennen können, dass die beiden jetzt angeklagten Brüder hinter ihm gestanden hätten.

Lebensgefährlich verletzt

„Sie sind hauchdünn am Vorwurf der versuchten Mordes vorbei geschrammt“, sagte der Opferanwalt in Richtung der Angeklagten. Und tatsächlich hatte eine als Gutachterin herangezogene Rechtsmedizinerin gesagt, dass es für den Mann hätte tödlich ausgehen können, wenn ihn einer von vermutlich zwei oder drei sehr heftigen Schlägen am Schläfenbein getroffen und somit das Hirn geschädigt hätte. „Und auch wenn er das Blut aus den Verletzungen an Mund und im Nasenbereich eingeatmet hätte, hätte er ersticken können“, sagte die Medizinerin.

Entscheidend für das Schöffengericht, aber auch für die Staatsanwältin, war schließlich, dass es keine Zeugen für den eigentlichen Überfall gab. Nachbarn hätten zwar Geschrei und „dumpfe Schläge“ gehört, aber alle kamen erst an den Tatort vor dem Haus, als dort bereits das schwer verletzte Opfer am Boden lag. Da die Ex-Frau die Aussage verweigerte und die beiden vorbestraften Brüder ihre Antworten von einer „Gegenleistung“ abhängig machten – in diesem Fall eine Strafe von bis zu einem Jahr für den, der zugeschlagen hat, sowie Bewährung für den Mittäter – wurde die Verhandlung für eine sogenannte Verständigung mit den Verteidigern unterbrochen.

Gedeckelter Strafrahmen

Nachdem das Gericht sich darauf eingelassen hatte, ließen die Angeklagten von ihren Anwälten erklären, dass der 28-Jährige zugeschlagen und der 33-Jährige, der daneben stand, das gebilligt habe. Außerdem boten sie an, dem Opfer 5000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen. Nach Ansicht der Staatsanwältin war nicht nachweisbar, ob die Ex-Frau des Opfers die Tat geplant hatte. Das sah auch die Vorsitzende Richterin so: Sie sprach die Frau frei und verurteilte die Brüder zu einem Jahr Haft ohne und zehn Monaten mit Bewährung.