Vor dem Landgericht Stuttgart muss sich ein Mann aus Nürtingen verantworten, der seine Tochter 13 Mal missbraucht haben soll.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Nürtingen - Die Anklageschrift, die am Freitagnachmittag vor dem Stuttgarter Landgericht verlesen wurde, war lang. Ein 50 Jahre alter Mann soll seine Tochter zwei Jahre lang missbraucht haben. 13 Fälle listete die Staatsanwältin auf, begonnen hätten die Taten im Jahr 2013, als die Tochter zwölf war, und geendet im Jahr 2015. Im August des vergangenen Jahres ist der Mann verhaftet worden, und seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Seine Ehe ist inzwischen geschieden.

 

Die Anklageschrift wurde öffentlich verlesen

Zunächst hatte die Verteidigung beantragt, das gesamte Verfahren nichtöffentlich zu verhandeln. Intime Einsichten in das Sexualleben des Angeklagten sollten nicht der Öffentlichkeit bekannt werden. Damit war die Jugendkammer einverstanden, doch ließ sie zu, dass die Anklageschrift öffentlich verlesen wurde. Wenn die Vorwürfe zutreffen, dann soll der Mann sich 13 Mal an seiner Tochter vergangen haben. Die erste Tat soll im Jahr 2013 in der Nürtinger Wohnung geschehen sein. Der Angeklagte soll sich seiner Tochter von hinten in der Küche genähert haben und ihr an die Brust gefasst haben. Einige Zeit später soll er sie ins Schlafzimmer befohlen haben und sie gezwungen haben, einen Pornofilm auf dem Tablet-Computer anzuschauen, dabei soll er wieder ihre Brüste gestreichelt und sie auch im Intimbereich angefasst haben.

Weitere Fälle folgten. Er soll auch mit dem Finger in sie eingedrungen sein und ihr starke Schmerzen zugefügt haben. Auf einer Urlaubsreise soll er noch zudringlicher geworden sein. Er habe sie auf seinen Schoß gesetzt und beischlafähnliche Bewegungen gemacht, verlas die Staatsanwältin, ebenso soll er mit Sexspielzeug hantiert haben. Das Mädchen habe immer wieder Nein zu alledem gesagt, aber der Vater habe das ignoriert.

Der Mann soll dem Mädchen gedroht haben

Zudem habe der Mann dem Mädchen gedroht, es werde etwas Schreckliches passieren, wenn sie nicht mitmachen würde. Die Staatsanwältin klagte den Mann wegen Missbrauch von Schutzbefohlenen an, wegen Vergewaltigung, wegen sexueller Handlungen an Minderjährigen, wegen Zugänglichmachung von Pornografie und mehr.

An diesem Verhandlungstag wurde die Beweisaufnahme noch nicht eröffnet, ohnehin wird das nichtöffentlich geschehen. Die Tochter ist bereits von einem Amtsrichter vernommen worden und neben den Zeugenaussagen eines Arztes und der Mutter könnte das Video dieser Vernehmung wohl das Kernstück der Beweisaufnahme werden. Das Ende des Verhandlungstages am Freitag nutzte die Richterin, um dem Angeklagten die Auswirkungen zu schildern, die ein Geständnis auf sein Strafmaß und auch auf die seelische Gesundheit seines mutmaßlichen Opfers haben würde.

Jedes Geständnis würde die Strafe mildern, erklärte die Richterin, denn bei einem echten Geständnis würde die Kammer von einer echten Reue und einer echten Einsicht in die Straftaten ausgehen. „Wenn Sie die Taten begangen haben, dann übernehmen sie mit einem Geständnis auch die Verantwortung dafür“, appellierte die Richterin an das Ehrgefühl des Angeklagten. „Ich weiß, es ist unheimlich schwer hinzustehen und zu sagen, das habe ich gemacht.“ Aber damit würde er seine Tochter vor den Belastungen schützen, die ein Verfahren mit sich bringe. Die Verhandlung wird Mitte März fortgesetzt, ein Urteil wird dann Anfang April erwartet.