Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Der Richter äußert zudem sein Unverständnis darüber, dass bisher keine gütliche Einigung möglich war, nachdem man sich im September 2015 bei Vergleichsgesprächen „sehr nahe aufeinander zu bewegt hat“. Gescheitert war ein Einvernehmen vordergründig an der Frage, wer die Kosten übernimmt: Bei einer Nachbesserung müsste Heckler & Koch zahlen, bei einer vertraglichen Sondervereinbarung die Bundesrepublik. Eine Umkonstruktion würde 600 Euro pro Gewehr kosten, so die bisherige Schätzung. Aus Sicht von Heckler & Koch macht diese bauliche Veränderung aber keinen Sinn mehr, wie sein Anwalt Martin Imbeck sagt. Die Extremtemperaturen seien auch in Afghanistan nicht ständig gegeben.

 

Nachdem Imbeck – ähnlich wie Asmus – zu Beginn gleich klar gemacht hatte, dass er „im Moment keinen Spielraum für eine Güteverhandlung“ sehe, appelliert Volckmann an die Kontrahenten, den „vernünftigsten Weg“ zu wählen, um zu einer kurzfristigen Lösung zu kommen, bis die Entscheidung über den Neuerwerb eines Standardgewehrs fällt. Noch bis mindestens 2019 muss die Truppe mit dem G36 auskommen. „Es kann doch nicht sein, dass sich die Soldaten mit untauglichen Waffen gegen Angriffe der Taliban zur Wehr setzen müssen“, kritisiert der Richter. Eine Aussage mit Gewicht: Sie klingt so, als ob Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die Truppe wissentlich großer Gefahren aussetze, weil sie sich den G36-Problems unbedingt mit der Ausmusterung entledigen wollte und Nachbesserungen ablehnte.

Für den Verfall einer Erweiterung des Verfahrens gibt Volckmann beiden Seiten ausdrücklich mit auf den Weg, „den Kern des Ganzen – das Leben der Soldaten – nicht aus den Augen zu verlieren“. Die Kombattanten haben nun bis zum 15. Juli Zeit für eine schriftliche Stellungnahme. Das Urteil wird dann am 2. September um elf Uhr verkündet. (AZ 8 O 198/15)

Von der Leyen will neues Gutachten vorlegen

Schon zu Beginn hatte Volckmann betont, dies sei „kein Untersuchungsausschuss“ – entschieden werde nach zivilrechtlichen und bürgerlichen Normen. „Irgendwelche politische oder mediale Erwartungen werden durch das Gericht nicht befriedigt.“ Dennoch könnte von der Leyen bei einem für sie negativen Ausgang unter politischen Druck geraten. Für diesen Fall scheint sie sich schon jetzt zu wappnen: Nach weiteren Labortests will sie in den nächsten Tagen ein neues Gutachten vorlegen, das die Treffunsicherheiten des Gewehrs erneut belegen soll.