Ein 28-Jähriger wird zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Nur wenn er an einer Therapie teilnimmt, muss er nicht hinter Gitter. Bereits die U-Haft war für den Mann besonders schwer: Er ist taubstumm.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Waiblingen - Wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in sechs Fällen ist ein 28-jähriger Mann vom Waiblinger Amtsgericht zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt worden. Der Mann hat die Vorwürfe gestanden. Das, was er sich zu Schulden hat kommen lassen, bezeichnet man landläufig als Exhibitionismus. Im Strafrecht muss dazu jedoch vor Gericht nachgewiesen werden, dass sich jemand durch so eine Handlung zumindest unwohl fühlte. Das war in dem aktuellen Prozess nicht der Fall: Um einem der betroffenen Kinder eine Aussage vor Gericht zu ersparen, stellte das Gericht einen Fall ein. Auf das Urteil und insbesondere auf das Strafmaß hätte dieser keine Auswirkung gehabt, so der Amtsrichter.

 

Trotz Ermahnung der Polizei weitergemacht

Der 28-jährige arbeitslose Waiblinger hatte sich im Mai und Juni in Winnenden sowohl in der Altstadt nahe des Bildungszentrums I und im Schelmenholz vor Kindern und Teenagern entblößt. An der Kelterstraße und der Schorndorfer Straße hatte er sein Auto am linken Straßenrand geparkt und bei geöffneter Fahrertür onaniert, wenn Mädchen vorbei gingen. Diese waren zwischen acht und zehn Jahre alt. Da der Mann sich während seiner Taten filmte, konnten die Aufnahmen später als Beweise gegen ihn verwendet werden.

Nachdem er von der Polizei Ende Mai festgenommen worden war, ließ er sich von deren „Gefähderansprache“ jedoch nicht beeindrucken. „Ich dachte mir, es ist nicht so schlimm, wenn sie mir deshalb den Führerschein wegnehmen“, sagte er vor Gericht. Das hatte der taubstumme Mann jedoch falsch verstanden, wie ein Kriminalbeamter als Zeuge aussagte. Man habe dem 28-Jährigen unmissverständlich erklärt, was er mit seinem Verhalten bei den Kindern anrichte und was ihm dafür drohe. Wenig später war er jedoch im Schelmenholz zu Fuß unterwegs, wo er sich mit entblößtem Geschlechtsteil wieder acht- bis zehnjährigen Mädchen präsentierte. Angesprochen habe er die Kinder aber nicht, beteuerte er.

Gebärdendolmetscherinnen übersetzen

Zwei Gebärdendolmetscherinnen übersetzten, was er mitteilte und ihm, was die anderen Prozessteilnehmer sagten. „Es ist gar nicht so einfach, Gebärdendolmetscher zu finden“, erklärte der Richter zu Beginn der Verhandlung. Und wie es der Zufall wollte, fand am selben Vormittag noch ein Prozess im Waiblinger Amtsgericht statt, in dem die Dienste der beiden Dolmetscherinnen gebraucht wurden. So hieß es für die Prozessbeteiligten zuerst einmal: warten.

Aufgrund eines Fotos konnten einige der betroffenen Kinder aus dem Schelmenholz den 28-Jährigen identifizieren, der daraufhin im Juni in Untersuchungshaft kam. Diese war für den schwerbehinderten Mann nur sehr schwer zu ertragen. „Ich werde das sicher nicht mehr machen“, beteuerte er mehrmals und dass er eine Therapie machen werde. Diese wurde ihm denn auch als Bewährungsauflage erteilt.

Bei Einbruch in Berlgen von Polizei gefasst

Dem Richter bereitet das Verhalten des Angeklagten indes nicht nur wegen des aktuellen Verfahrens Sorgen. Denn am 26. Dezember 2017 war der 28-Jährige in Berglen auf frischer Tat gefasst worden, nachdem er in ein Haus eingebrochen war. Dort hatte er zwei Damen-Slips gestohlen. „Es muss etwas geschehen, damit Sie Ihr Verhalten ändern“, so der Amtsrichter. „Ich bin kein Psychologe, aber Sie müssen sich auf jeden Fall untersuchen lassen und vor allem eine Therapie machen.“ Auch der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer eine richterliche Weisung dieser Art gefordert. Der Angeklagte zeige zwar Einsicht, dass er ein Problem habe, doch sei es damit nicht getan. Immer wieder beteuerten Angeklagte, sie würden nichts mehr anstellen, falls sie noch einmal Bewährung bekämen – und fielen dann doch in das alte Muster zurück.