Ein 30-Jähriger hat vor dem Landgericht Stuttgart zugegeben, Anfang September eine 84-Jährige brutal und grausam mit einem Hammer und mit Messerstichen getötet zu haben. Als Motiv gibt er Schulden aus seiner Spiel- und Drogensucht an.
Stuttgart/Neuhausen - Zum Prozessauftakt war noch unklar, ob sich der Angeklagte zu dem Vorwurf äußert, er habe Anfang September eine 84 Jahre alte Frau in Neuhausen grausam und brutalst ermordet. Denn bis dahin hatte er die Tat hartnäckig geleugnet. Am Montagvormittag hat der 30-Jährige jedoch ein voll umfängliches Geständnis abgelegt. Über eine Erklärung seines Verteidigers gab er zu, die Seniorin mit einem Hammer erschlagen zu haben. Er habe an deren Geld kommen wollen, um die aus seiner Drogen- und Spielsucht resultierenden Schulden begleichen zu können. Der Druck sei immens gewesen, denn er und seine Familie seien von Dealern und Gläubigern bedroht worden, denen er Geld geschuldet habe. Er habe nicht vorgehabt, die 84-Jährige zu töten, sei aber „panisch“ geworden und habe sie im Drogen- und Alkoholrausch umgebracht.
Letzte Gewissheit
Nachdem der Verteidiger des 30 Jahre alten Mannes das Geständnis seines Mandanten „authentisch“ widergegeben hat, ist es weitgehend ruhig im Saal 6 des Stuttgarter Landgerichts. Lediglich das Schluchzen einiger seiner Angehörigen ist zu hören. Sie und die beiden als Nebenklägerinnen auftretenden Töchter des Opfer haben jetzt letzte Gewissheit, dass es der 30 Jahre alte Fliesenleger aus Wolfschlugen war, der die 84-Jährige bestialisch ermordet hat. Experten der Polizei sprechen von „Übertötung“, wenn sie Taten wie jene in Neuhausen beschreiben. Denn der Täter hat den Schädel der Frau mit einem Hammer zertrümmert und mehrfach mit Messern auf deren Hals eingestochen – wohl auch dann noch, als sie bereits tot war.
Auf die Idee, bei der im Haus seines Schwagers wohnenden Frau sei Geld zu holen, habe ihn ein Bekannter gebracht, bei dem er mit 2700 Euro in der Kreide gestanden habe. „Bestimmt 50 000 Euro“ könne er bei einem Einbruch in deren Wohnung erbeuten, habe dieser gemutmaßt. Zahle er seine Schulden nicht zurück, erfahre seine Frau von einem One-Night-Stand mit einer Engländerin, den er sich in einem Urlaub geleistet habe. Trotz dieses Erpressungsversuchs habe er die Möglichkeit, so an Geld zu kommen, zunächst verworfen. Er habe gehofft, den über Jahre durch seine Spielsucht und seinen Drogenkonsum verursachten Schuldenberg mit ehrlicher Arbeit als selbstständiger Fliesenleger abtragen zu können. Doch dann hätten ihn zudem drei Drogendealer einer „rockerähnlichen Gruppierung“, welchen er Geld aus Kokaingeschäften geschuldet habe, massiv unter Druck gesetzt. Sie drohten, seiner Frau und seinem kleinen Sohn etwas anzutun, sollte er nicht zahlen. Deren Identität könne und wolle er nicht preisgeben.
„Panisch“ mit dem Hammer zugeschlagen
In seiner Not und aus Angst um seine Familie sei er am Abend des 3. September zur Wohnung der 84-Jährigen gefahren – in der Hoffnung, sie sei nicht zu Hause. Er habe stark unter dem Einfluss von Kokain, Alkohol und Psychopharmaka gestanden. Den Hammer habe er als „Einbruchwerkzeug“ bei sich gehabt.
Zudem habe er ursprünglich einen Elektroschocker mitnehmen wollen, um die Frau außer Gefecht zu setzen, „denn ich hatte nie vor, sie umzubringen“. Sie habe auf sein Klingeln verspätet geöffnet – just in dem Moment, als er den Hammer zum Aufhebeln der Wohnungstür habe ansetzen wollen. In seiner Angst, jetzt aufgeflogen zu sein, habe er sofort „panisch und aus Reflex“ mit dem Schlagwerkzeug auf das Opfer „eingehauen“. Wie oft, wisse er nicht mehr, „ich war nicht bei mir“.
Daran, dass er die alte Frau auch noch mit einem Taschen- und einem Küchenmesser malträtiert hat, könne er sich nicht erinnern. Wahllos habe er nach der fürchterlichen Bluttat die Wohnung nach Wertgegenständen durchsucht und sei schließlich mit der EC-Karte geflüchtet, „ohne deren PIN-Nummer zu kennen“. Letztlich flog der 30-Jährige auf, weil er dennoch versucht hatte, mit der Karte Geld an einem Automaten in Filderstadt-Bernhausen abzuheben.
DNA-Spuren des Angeklagten sichergestellt
Zudem stellte die Polizei DNA-Spuren des Angeklagten in der Wohnung des Opfers sicher. Zwar hatte er offenbar versucht, durch die Benutzung von Einweghandschuhen keine Spuren zu hinterlassen. Doch war ein Stück eines Handschuhs an einem Reißverschluss hängengeblieben und abgerissen.
Die Tat, die er als „größten Fehler meines Lebens“ bezeichnet, tue ihm „unendlich leid“. Eigentlich sei sein Leben „im grünen Bereich“ gewesen. Er habe ein intaktes Familienleben und ein gut gehendes Geschäft gehabt. Doch seine Spiel- und Drogensucht hätten nicht nur das ganze Geld aufgefressen, sondern zudem einen fünfstelligen Schuldenberg angehäuft. Der Prozess wird fortgesetzt.