Der Geschäftsführer einer Metzgerei-Kette aus Bietigheim-Bissingen steht derzeit vor dem Amtsgericht Besigheim. Er soll im vergangenen Jahr fahrlässig Würstchen verkauft haben, die mit Plastikteilen verunreinigt waren.

Besigheim - Es ist ein Donnerstag im April 2016, kurz vor der Mittagspause, als der Geschäftsführer einer Metzgereikette aus Bietigheim-Bissingen von dem Malheur erfährt: seinem Produktionsleiter ist ein Messbecher in die Rohmasse für Bratwürste gefallen. Von einer Maschine zerhäckselt verunreinigt das Plastik nun die komplette 80-Kilo-Charge. Doch da der Zwischenfall zunächst unbemerkt bleibt, durchlaufen die Würstchen die weiteren Produktionsschritte und stehen um die Mittagszeit zur Verpackung bereit in einem Kühlraum. Über das, was der Geschäftsführer in der Folge tut, verhandelt seit Montag das Besigheimer Amtsgericht.

 

Denn die Staatsanwaltschaft Heilbronn wirft dem 50-jährigen Metzgermeister vor, nicht genug unternommen zu haben, um seine Kunden vor der Gefahr durch die Plastikteile zu schützen. „Fahrlässiges Inverkehrbringen gesundheitsschädlicher Lebensmittel“ heißt das im Juristendeutsch und meint konkret: zwei Würstchenpackungen, die aus der verunreinigten Produktion trotzdem den Weg ins Regal gefunden haben. Eine Paar der Chili-Paprika-Bratwürste wandert in der Metzgerei-Filiale in einem Stuttgarter Einkaufszentrum über die Theke – und in die Pfanne eine Polizeikommissars. Er habe sich die Würstchen auf der Dienststelle gebraten und erst beim Essen die Plastikteile bemerkt, sagt der Beamte am Montag vor Gericht. Mit dem Messer habe er ein 1,7 Zentimeter langes Bruchstück aus seiner Speise befreit – und deshalb die Mitarbeiter der Lebensmittelüberwachung informiert.

„Ich dachte, ich hätte die betroffene Produktion komplett gesperrt“

Ursprünglich wäre der Fall mit einem Strafbefehl für den Geschäftsführer ausgestanden gewesen. Weil er den aber nicht akzeptieren wollte, kam es zur Verhandlung vor dem Amtsgericht. Immer wieder betonte der Angeklagte dabei, dass er aus seiner Sicht alles versucht habe, um die verunreinigte Ware zu stoppen, bevor sie in den Verkauf gelangen konnte. So habe er direkt nachdem er von seinem Mitarbeiter informiert wurde, die Charge gesperrt. Um sicherzugehen, dass kein Würstchen versehentlich doch in Verkehr kommt, habe er die „drei oder vier Kisten“ gewogen und festgestellt: nahezu die kompletten 80 Kilo seien noch da. Ein gewisser Gewichtsverlust, erklärte der Geschäftsführer, sei während der Produktion immer zu verzeichnen. „Ich war mir sicher: Ich habe alles erwischt und gesperrt.“ Kurz darauf seien die Würstchen von einem Entsorgungsbetrieb abgeholt worden.

Wie die Packung mit dem Plastik dennoch in Stuttgart und auf dem Teller des Polizisten landen konnte, sei ihm unerklärlich, meinte der Angeklagte. Auch seine langjährige Lebenspartnerin, die als Hygienebeauftragte in der Produktion arbeitet, stellt diese Frage vor ein Rätsel. Sie sei, wie ihr Mann, davon überzeugt gewesen, die gesamte betroffene Ware aus dem Verkehr gezogen zu haben: „Wir waren sicher, dass alles vor uns steht.“ Die Vakuum-Päckchen nachzuzählen hätte nach Auskunft beider nichts gebracht, da kein Buch geführt werde, wie viele Einheiten wann wohin geliefert werden. Alles gehe stattdessen über Mengenangaben in Kilo und Gramm.

Der Verteidiger regt an, das Verfahren einzustellen

Für den Verteidiger des Bietigheimers ist denn auch klar, wie der Prozess ausgehen soll: mit einem Freispruch. Alternativ regte er an, das Verfahren einzustellen. Jedenfalls habe sein Mandant an jenem Tag im April 2016 nicht fahrlässig gehandelt, sondern alles getan, was aus seiner damaligen Sicht notwendig schien. „Aus heutiger Sicht würde er es aber anders machen.“

Beides, Freispruch wie eine Einstellung, kam aus Sicht der Staatsanwältin nicht in Frage. Es stelle sich durchaus die Frage, ob der Angeklagte alles getan habe, um zu verhindern, dass die verunreinigten Würste in den Handel gelangten. Der Prozess wird im Juni fortgesetzt.