Das Landgericht Stuttgart verurteilt einen 48-jährigen Mann aus Waldenbuch wegen mehr als 100 Taten zu sechs Jahren Gefängnis. Er verbrachte auch bisher schon viel Zeit hinter Gittern.

Ein 48-jähriger Waldenbucher, der in den vergangenen 15 Jahren den Großteil seiner Zeit im Gefängnis verbracht hat, wandert für weitere sechs Jahre hinter Gitter. Das Landgericht Stuttgart verurteilte den gelernten Briefträger wegen Unterschlagung, Betrugs, versuchten Betrugs und falscher eidesstattlicher Versicherung zu zwei Haftstrafen von vier Jahren und drei Monaten und einem Jahr und neun Monaten. Diese Aufteilung hatte juristische Gründe, da eine so genannte nachträgliche Gesamtstrafe gebildet werden musste, bei der zwei Urteile der Amtsgerichte Böblingen und Kaiserslautern einbezogen wurden.

 

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann durch Internetbestellungen mit gefälschten Daten zwischen Herbst 2019 und Frühjahr 2021 mehr als 100 Straftaten begangen hat, bei denen ein Gesamtschaden von rund 8000 Euro entstanden ist.

Bestellungen im Namen von Minderjährigen

Nach den Feststellungen des Gerichts fand der 48-Jährige im September 2020 im Wald zwischen Leinfelden-Echterdingen und Waldenbuch ein Schlüsselmäppchen mit 50 Euro Bargeld, Ausweis und EC-Karte, das er für sich behielt. Die Daten der EC-Karte verwendete er, um ein Paypal-Konto anzulegen und im Namen ihm bekannter, zum Teil minderjähriger Personen Waren über das Internet zu bestellen. Unter den angeblichen Bestellern waren Familienangehörige, Kurzzeitbekanntschaften und eine ehemalige Brieffreundin, die ihm ins Gefängnis geschrieben hatte.

Der 48-Jährige bestellte unter anderem Spielekonsolen, Smartphones und Tablets, Sportbekleidung und andere Klamotten. Bei 91 über Ebay abgewickelten Geschäften betrug der Warenwert nach den Feststellungen des Gerichts knapp 14 000 Euro. Allerdings wurden nur in 34 Fällen Waren im Wert von etwa 2500 Euro geliefert. In den übrigen Fällen scheiterte die Lieferung an einer automatischen Risiko-Prüfung.

Nicht existente Waren über Facebook verkauft

Zudem hat der Angeklagte in acht Fällen über Facebook Waren wie Smartphones und Parfüm verkauft, die er in Wirklichkeit gar nicht besaß. Allein dabei entstand ein Schaden von 3000 Euro. Zuletzt hat er gegenüber einer Gerichtsvollzieherin im Rahmen der eidesstattlichen Versicherung falsche Angaben zu seinen Konten gemacht.

Der Waldenbucher hatte bis zum 20. Lebensjahr bei seinen Eltern gelebt und es nach eigenen Angaben nie längere Zeit an einer Arbeitsstelle ausgehalten. In der Regel hielt er sich mit Aushilfsjobs über Wasser. Auch familiär geht es bei ihm offenbar unüberschaubar zu: Mit 48 Jahren hat er drei Kinder von zwei Frauen und vier Enkel, von einer Tochter weiß er laut seinen Angaben erst seit kurzem. Er berichtete auch, dass er zeitweise eine Partnerschaft mit einem Mann gehabt habe, der jedoch an einer Kombination aus Aids und Corona gestorben sei.

Nach Privatinsolvenz noch 10 000 Euro Schulden

Zwischen 2004 und 2020 hat er mehrere Haftstrafen abgesessen, danach wohnte er drei Monate lang wieder bei seinen Eltern in Waldenbuch, dann vier Monate in einem Appartementhaus in Sindelfingen und seit April 2021 in Sulz am Neckar. Er hat eine Privatinsolvenz hinter sich und immer noch rund 10 000 Euro Schulden. Derzeit macht er nach eigenen Angaben eine Verhaltenstherapie. „Ich lerne, mit möglichst wenig Geld im Leben auszukommen“, hatte er dem Gericht erklärt.

Zu den Tatvorwürfen hatte er sich nicht im Detail geäußert, er hatte jedoch am ersten Prozesstag den Verdacht geäußert, dass hinter den 91 über Ebay abgewickelten Geschäften ein Sohn von ihm stecke und er selbst betrogen worden sei.