Vor dem Landgericht Heilbronn muss sich am Donnerstag ein Mann verantworten, der ein Feuer in einer Tiefgarage unter einem Wohnhaus verursacht haben soll. Drei Bewohner erlitten dabei eine Rauchgasvergiftung.

Bietigheim-Bissingen - Der Angeklagte, der nun wegen schwerer Brandstiftung und schwerer Körperverletzung vor dem Heilbronner Landgericht steht, hat sich offenbar denkbar ungeschickt angestellt. Beim Abzapfen von Benzin aus einem Fahrzeug in einer Tiefgarage in Bietigheim-Bissingen machte er Licht mit einem Feuerzeug. Dabei entzündete sich das Benzin, die Tiefgarage stand kurz darauf in Flammen. Etwa 20 Bewohner mussten aus dem Wohnhaus darüber gerettet werden, drei von ihnen erlitten eine Rauchgasvergiftung. Das Gebäude galt tagelang als einsturzgefährdet. Beim Prozessauftakt am Donnerstag räumte der 26-Jährige die Tat ein – ebenso einige Diebstähle und Betrügereien.

 

Konkret soll der Bietigheim-Bissinger im März 2014 versucht haben, einen Motorroller aus der Tiefgarage unter einem Wohnhaus in der Bahnhofstraße zu stehlen. Dazu wollte er den Roller kurzschließen und starten. Als das misslang, soll er von einem anderen Fahrzeug in der Tiefgarage Benzin abgezapft haben. Um zu überprüfen, ob sein Vorhaben funktioniert, machte er Licht mit seinem Feuerzeug. Sofort entzündete sich der ausgelaufene Kraftstoff. Voller Panik habe er alles fallen lassen und sei aus der Garage gerannt, schilderte der Angeklagte vor Gericht.

Aus unerklärlichen Gründen habe er dabei den Roller noch auf die Straße geschoben und abgestellt. Zu dem Zeitpunkt habe bereits ein Auto angehalten, der Fahrer sei ausgestiegen und habe ihm etwas zugeschrien. Innerhalb kürzester Zeit habe sich eine Menschenmenge vor der Tiefgarage versammelt, er selbst habe jedoch das Weite gesucht. Wohin er gegangen sei, wisse er nicht mehr, er sei völlig benebelt gewesen von den Drogen und Medikamenten, die er intus gehabt habe.

Angeklagter konsumierte jahrelang harte Drogen

Und das nicht zum ersten Mal: Jahrelang konsumierte der junge Mann harte Drogen, Schlaf- und Schmerzmittel, Cannabis und Alkohol. Im Alter von elf Jahren rauchte er seine erste Zigarette, mit 13 kiffte er, mit 16 nahm er Heroin, dann Kokain und Morphine. Wegen seiner vielen Fehlzeiten flog er von mehreren Schulen, schaffte letztlich aber knapp die Mittlere Reife. Alle Versuche, von den Drogen loszukommen, scheiterten, zwei Ausbildungen brach er ab, immer wieder wurde er kriminell, um seine Sucht zu finanzieren.

Weil er auch zwei Entzugskuren nicht durchhielt, die ihm vom Gericht wegen zahlreicher Straftaten auferlegt worden waren, wanderte er mehr als zwei Jahre ins Gefängnis. Doch danach war er nicht geläutert: Am ersten Tag der Freiheit im August 2012 verfiel er sofort wieder den Drogen – und wurde wieder kriminell. Neben der Brandstiftung und der gefährlichen Körperverletzung werden dem Angeklagten deshalb vor dem Landgericht auch der Diebstahl von zwei Motorrollern vorgeworfen, die er in Einzelteilen im Internet zum Verkauf anbot. Zudem stellte er auf einer Verkaufsplattform Teile eines Motorrads ein, das in einer Garage in der Nähe seiner Wohnung stand – bei Bedarf wollte er diese abmontieren und versenden.

Entzug in einer christlichen Einrichtung als Ausweg

Irgendwann im Jahr 2014 wurde es ihm zu viel: Er habe gemerkt, dass er die Notbremse ziehen musste, wenn er nicht sterben wollte: „Es ging nur noch bergab in meinem Leben.“ Zu dem Zeitpunkt habe er völlig unkontrolliert zig Betäubungsmittel parallel genommen. Über einen Freund habe er von einer christlichen Entzugseinrichtung gehört und sich dort angemeldet. Elf von zwölf Monate hielt er durch – dann wurde er rausgeschmissen, weil er entgegen der Hausregel eine Zigarette rauchte. Doch er wisse nun, dass diese Form des Entzugs die richtige für ihn sei, sagt der Angeklagte vor Gericht. Er habe zum Glauben gefunden, das gebe ihm wieder einen Sinn im Leben. Nun wolle er noch einmal solch einen Entzug in Angriff nehmen. Ob das möglich ist, wird der Prozess zeigen. Er wird an diesem Freitag, 9 Uhr, fortgesetzt.