Der Staatsanwalt fordert vor dem Landgericht Haftstrafen wegen eines Übergriffs gegen einen Polizeibeamten. Neben gemeinschaftlich begangener schwerer Körperverletzung wird den Angeklagten schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Haftstrafen von acht Monaten bis zu einem Jahr und neun Monaten fordert der Staatsanwalt in dem Verfahren gegen vier Stuttgart-21-Gegner im Alter von 39 bis 70 Jahren. Einer 19-Jährigen, wegen deren Beteiligung eine Jugendkammer das Verfahren führt, sollen 80 Stunden gemeinnützige Arbeit auferlegt werden, so der Anklagevertreter. Den Angeklagten wird vorgeworfen, einen Polizisten in Zivil verfolgt, zu Fall gebracht und geschlagen zu haben. Die Szene spielte sich am Abend des 20. Juni 2011 ab, als nach einer Montagsdemo Demonstranten das Baustellengelände für das Grundwassermanagement gestürmt und bis nach Mitternacht besetzt hatten. Neben gemeinschaftlich begangener schwerer Körperverletzung wird den Angeklagten schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen.

 

Der Staatsanwalt sieht es nach der Beweisaufnahme als erwiesen an, dass der 50-jährige Angeklagte der Haupttäter gewesen sei. Er soll den Zivilbeamten angegriffen haben, als der sich mit einem Mann unterhielt, der sich am Reifen eines Baustellenfahrzeugs zu schaffen gemacht hatte. Der Haupttäter soll den Polizisten ins Gesicht geschlagen haben. Ein 55-jähriger Demonstrant soll anschließend von hinten zugeschlagen haben. Nach dieser Szene sei es dem Beamten, der eine Schusswaffe im Holster bei sich trug, gelungen sein, zu fliehen. Der 50-jährige Mann soll ihm gefolgt sein und ihn erneut angegriffen haben. Der 39-jährige Mann soll die Szene gefilmt haben. „Das hat der Polizeibeamte als besonders erniedrigend empfunden“, sagte der Staatsanwalt.

Gehirnerschütterung und Kehlkopfprellung

Bei dem Übergriff erlitt der Beamte eine Verletzung am Finger, eine Gehirnerschütterung und eine Kehlkopfprellung. Sein Mandant habe nach einem Tag gegen den Rat der Ärzte das Krankenhaus verlassen, obwohl er aufgrund seiner Verletzungen länger hätte bleiben müssen, sagte der Anwalt des Polizisten. Der Beamte tritt in dem Verfahren als Nebenkläger auf. Es sei seinem Mandanten weder im Polizeidienst noch privat jemals widerfahren, dass ihm jemand direkt ins Gesicht geschlagen habe: „Er war völlig baff.“

Der Staatsanwalt beantragte für den 50-Jährigen eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Diese könne seiner Ansicht nach nicht zur Bewährung ausgesetzt werden. Für den 70-Jährigen, der einen Holzklotz wurfbereit in der Hand gehabt haben und nach dem Beamten getreten haben soll, forderte er ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung, für den 55-jährigen ein Jahr und drei Monate und für den 39-Jährigen acht Monate. Der Vertreter der Nebenklage blieb mit seinen Forderungen etwas unter den Strafmaßen, die der Staatsanwalt beantragte. Lediglich bei dem Haupttäter hielt er ebenfalls ein Jahr und neun Monate ohne Bewährung für angemessen.

Weitere Plädoyers am 24. April

Der Anwalt der 19-Jährigen beantragte, das Verfahren wegen Land- und Hausfriedensbruchs gegen seine Mandantin einzustellen. Er widersprach der Argumentation des Staatsanwalts, dass es ausreiche, Teil einer „unfriedlichen“ Menge gewesen zu sein, um sich des Landfriedensbruchs schuldig zu machen. Der Verteidiger des 56 Jahre alten Mannes argumentierte, seinem Mandant könne man keine schwere Körperverletzung vorwerfen. Auch mit dem Tatbestand Landfriedensbruch habe er ein Problem, da sein Mandant „nur reingeschaut“ und gegen eine Begrenzung getreten habe. Er sehe höchstens eine Geldstrafe gerechtfertigt.

Weitere Plädoyers folgen am Dienstag, 24. April. Eventuell soll an diesem Tag auch schon das Urteil fallen.