Vor dem Landgericht Stuttgart muss sich seit Donnerstag ein 33-jähriger Ludwigsburger wegen versuchten Mordes verantworten. Er habe den neuen Partner seiner Ex-Freundin aus Eifersucht töten wollen. Den Vorwurf weist der Mann jedoch von sich.

Der Mann auf der Anklagebank des Stuttgarter Landgerichts hat kräftige tätowierte Oberarme, aber er wirkt sanft und spricht leise, wenn er redet. Ein gänzlich anderes Gesicht hat er nach Ansicht der Staatsanwaltschaft jedoch am frühen Morgen des 5. Mai vergangenen Jahres gezeigt. Laut Anklage stieg er in stark alkoholisiertem Zustand gegen 6.30 Uhr auf den Balkon der Wohnung seiner Ex-Freundin in Ludwigsburg und hebelte die Balkontür mit einem Schraubenzieher auf. Als er im Schlafzimmer den neuen Partner der Frau neben ihr im Bett gesehen habe, soll er aus Wut und Eifersucht mit einem Messer mit einer neun Zentimeter langen Klinge in Richtung Hals des 32-Jährigen gestochen haben.

 

Dieser habe den Kopf gerade noch zur Seite drehen können und sich anschließend mit Händen und Füßen verteidigt, wobei er weitere Stiche erlitten habe. Zusammen mit der aus dem Schlaf hochgeschreckten Frau sei es dem 32-Jährigen dann gelungen, den Angeklagten zu entwaffnen, ihn aus dem Schlafzimmer zu drängen und die Tür zu verschließen. Der Angeklagte habe dann ein Messer aus der Küche geholt und noch einmal versucht, ins Schlafzimmer zu kommen. Als er jedoch gehört habe, dass die Frau die Polizei anrief, sei er geflüchtet. Der 32-Jährige habe eine zwei Zentimeter lange Stichwunde am Hals und weitere Stiche an Ober- und Unterschenkel erlitten, die aber nicht konkret lebensgefährlich waren. Die Anklage lautet auf versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung.

Angeklagter stand wohl unter Drogen

Über seinen Verteidiger Janusch Nagel stellte der Angeklagte den Ablauf deutlich anders dar. Demnach habe er zusammen mit dem späteren Opfer und einem weiteren Bekannten an dem Abend erst in einer Kneipe vier Bier und später noch bei dem Kumpel vier Flaschen Wein getrunken. Zudem habe er ein Gramm Kokain konsumiert. „Ich wusste nicht, dass er der neue Partner meiner Ex-Freundin war. Ich ging davon aus, dass wir noch in einer On-/Off-Beziehung lebten“, ließ der Angeklagte erklären.

Der 32-Jährige sei dann im Laufe des Abends mit den Worten verschwunden, er müsse zu einer Frau, die von ihrem Mann geschlagen werde. Er habe mit seiner Ex-Freundin in der Nacht noch ein paar Mal hin- und hergeschrieben und sei stutzig geworden, als sie auf einmal nicht mehr geantwortet habe. Da sei ihm der Verdacht gekommen, dass sie mit dem 32-Jährigen zusammen sein könnte.

Er sei dann mit der S-Bahn nach Ludwigsburg gefahren und habe mit einem Schraubenzieher aus seinem Werkzeugkasten, der immer noch auf dem Balkon ihrer Wohnung im Erdgeschoss gestanden sei, die Balkontür geöffnet, da er beide überraschen wollte. Er habe das Licht angeschaltet und sei mit Fäusten auf den anderen Mann los, der jedoch größer und kräftiger gewesen sei. „Da habe ich Angst bekommen und ihm mit einem Messer, das ich in der Hose hatte, ins Bein gestochen“, trug Anwalt Nagel weiter für den Angeklagten vor. Er habe ihn aber niemals töten oder auch nur lebensgefährlich verletzen wollen, führte er weiter aus. Er habe sich massiv angetrunken gefühlt, auf einer Skala von eins bis zehn etwa bei sieben bis acht. Mit der Frau sei er mehrere Jahre zusammen gewesen, auch nach der Tat habe er Kontakt mit ihr gehabt.

Waren beide Männer zuvor zusammen trinken?

Ziemlich ungenaue Erinnerungen hatten die beiden Opfer der Tat. Der 32-Jährige erklärte im Zeugenstand, er sei am Vorabend nicht mit dem Angeklagten zusammen gewesen, er kenne ihn nur vom Sehen. Als er aufgeschreckt sei, habe er als erstes das Messer des Angeklagten bemerkt. Es sei ihm dann zusammen mit der Frau gelungen, diesen zu entwaffnen und aus dem Zimmer zu schieben. Der Angeklagte sei dann abgehauen. Die Frau habe ihm einmal erzählt, dass sie Angst vor ihrem Ex-Freund habe.

Das relativierte die 36-Jährige in ihrer Zeugenaussage, indem sie erklärte, sie habe sich öfters mit dem Angeklagten gestritten. Deswegen hätten sie sich auch für einige Zeit getrennt, er sei für ein paar Tage zu einem Freund gezogen. Er sei jedoch bis heute noch bei ihr gemeldet. Sie habe ihm aber nicht erzählt, dass sie mit einem neuen Partner zusammen sei, weil sie ihn nicht verletzten wollte. Nach ihrer Erinnerung waren die beiden Männer am Abend vor der Tat aber sehr wohl zusammen. An die Nacht selbst könne sie sich nicht mehr gut erinnern, sie sei unter Schock gestanden.

Für den Prozess sind noch zwei weitere Verhandlungstage vorgesehen, das Urteil soll am 8. Mai verkündet werden.