Einer von vier Angeklagten hat vor dem Stuttgarter Landgericht ein umfassendes Geständnis abgelegt. Der 27-Jährige gab zwei Raubüberfälle in Supermärkte zu.

Gärtringen/Deckenpfronn - Zuerst hat er nicht viel sagen wollen, der 27 Jahre alte Angeklagte. Doch die Vorsitzende Richterin Cornelie Eßlinger-Graf lockte nach und nach ein umfassendes Geständnis aus ihm heraus. Zusammen mit drei weiteren Angeklagten im Alter zwischen 22 und 27

 

Jahren wird ihm vor der vierten Großen Jugendkammer des Stuttgarter Landgerichts gemeinschaftlicher, schwerer Raub vorgeworfen. Der Staatsanwalt legte den Vier zu Last, Supermärkte in Gärtringen und in Deckenpfronn ausgeraubt zu haben. Ein weiterer Überfall war gescheitert. Insgesamt sollen sie rund 29 000 Euro erbeutet haben.

Mit Schals maskiert und mit einem Messer bewaffnet

Beim Prozessauftakt am Mittwoch dauerten die Aussagen des 27-Jährigen fast den gesamten Vormittag. Er sei mit einer weiteren Person auf der Heimfahrt von einer kleinen Tour gewesen, berichtete er. „Wir sind dabei auf den Gedanken gekommen, uns aus dem Supermarkt in Gärtringen Geld zu holen.“ Wer in seiner Begleitung war, darüber schwieg er. In seinem Auto sei ein Messer von einem Freund gelegen. „Er hatte das Fahrzeug einmal von mir ausgeliehen“, gab der Geständige zu Protokoll. Auch Schals hätten sie dabei gehabt, mit denen sie sich maskiert hätten.

Das Auto hätten sie an jenem 21. September 2011 in einer Nebenstraße unweit des Marktes abgestellt und kurz vor Ladenschluss um 20 Uhr am Hinterausgang gewartet. Da er zuvor bei derselben Supermarktkette als Lehrling tätig gewesen sei, habe er die Gepflogenheit der Mitarbeiter, den Laden über den Hinterausgang zu verlassen, gekannt, so der 27-Jährige.

Leuchtröhren außer Betrieb gesetzt

Um nicht im vollen Licht der Leuchtröhren zu stehen, habe er den Kontakt des Bewegungsmelders gelöst. Wenig später seien dann drei Mitarbeiterinnen aus dem Markt gekommen. Einer von ihnen habe mit dem Messer die Filialleiterin bedroht, die den Schlüssel zum Gebäude hatte. Ob er es war oder seine Begleitung, ließ der 27-Jährige offen. Dafür machte er Angaben zu dem Tatwerkzeug. Es sei ein etwa 25 Zentimeter langes Messer gewesen, das sein Freund wohl zu Dekorationszwecken besessen habe. „Wir haben der Frau Angst einjagen wollen“, erklärte der Angeklagte.

Die Filialleiterin sei angegriffen und an den Haaren gezogen worden, sagte der Staatsanwalt. Dabei sei ihr auch ein Finger in ein Auge gedrückt worden. An diesen Vorgang konnte oder wollte sich der 27-Jährige jedoch nicht erinnern. Er gestand aber, dass sie die Frauen zurück in das Lager gedrängt hätten und mit ihnen in das Büro gegangen seien. Dort habe er eine Tasche aufgehalten und Geld verlangt. Weil ihm die Bediensteten keine Scheine aushändigen wollten, habe er selbst in den Tresor gegriffen und die Kasse geleert. Danach hätten er und sein Komplize das Weite gesucht. Von den erbeuteten 13 000 Euro habe jeder die Hälfte für sich behalten.

Reifen der Filialleiterin durchstochen

Nur 18 Tage später sollen der 27-Jährige, sein 22 Jahre Neffe und ein 27 Jahre alter Freund den Supermarkt in Deckenpfronn überfallen haben, wo dem geständigen Angeklagten einige Zeit zuvor das Ausbildungsverhältnis wegen Diebstählen gekündigt worden war. In diesem Fall habe er den Plan gehabt, einen Reifen am Auto der Filialleiterin auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt zu durchstechen, um sie nach Ladenschluss dazu zu bringen, nochmals in das Marktbüro zu gehen, gestand der 27-Jährige.

Doch sei das Vorhaben zunächst fehlgeschlagen. Die Frau sei nämlich nicht zurückgegangen, sondern zur nächsten Tankstelle gefahren, um sich ihr Ersatzrad montieren zu lassen. Daraufhin seien sie ihr weiter in Richtung Kuppingen gefolgt. Der Freund des 27-Jährige soll während der Fahrt einen Stein gegen das Heck ihres Autos geworfen haben, woraufhin die Frau anhielt. Der 27-Jährige räumte ein, dass sein gleichaltriger Freund ausgestiegen sei, um die Frau zur Herausgabe des Marktschlüssels zu zwingen. Weil diese sich aber geweigert habe, habe sein Freund sie mit Fäusten geschlagen. Danach seien sie zu dem Supermarkt gefahren und hätten 16 000 Euro eingesteckt. Neben einer Schädelprellung erlitt die Frau bei der Attacke zahlreiche Blutergüsse.

Bei einem dritten Versuch, an Geld zu kommen, seien laut der Staatsanwaltschaft der 27-Jährige und eine 23 Jahre alte Angeklagte am 17. Januar vergangenen Jahres einer Mitarbeiterin derselben Marktkette mit dem Auto auf deren Nachhauseweg gefolgt. Um sie zum Anhalten zu veranlassen, sollen sie ihren Wagen gerammt haben. Doch stattdessen sei die Frau zu ihrer Wohnungen weitergefahren, woraufhin die Angeklagten von ihr abgelassen hätten.

Weil die Täter von den Mitarbeiterinnen erkannt worden waren, hatte die Polizei sie festnehmen können. Der 27-Jährige gab an, das Geld für seine Spielleidenschaft und zur Begleichung seiner Mietschulden gebraucht zu haben.

Für den Prozess sind vier weitere Verhandlungstage angesetzt. Dabei werden auch die Marktmitarbeiterinnen befragt.