Wegen der schlechten Wirtschaftslage nehmen im Iran Unruhen zu. Die Währung steht vor dem Kollaps.

Teheran - Teherans mächtige Basarhändler sind auf den Barrikaden. Seit drei Tagen machen sie ihre Geschäfte dicht. Die iranische Währung steht vor dem Kollaps, viele fürchten um ihre Existenz. Wie schon am Montag, zogen auch am Dienstag wieder wütende Demonstranten durch die Straßen der Hauptstadt. „Wir wollen eine kompetente Regierung“, skandierte die Menge. Auch Rufe „Tod dem Diktator“ sind auf den Videos zu hören, die dem Obersten Revolutionsführers Ali Khamenei gelten. Andere forderten ein Ende der kostspieligen Auslandsabenteuer. „Lasst ab von Syrien, tut etwas für uns“, riefen sie. An vielen Kreuzungen Teherans zogen Sicherheitskräfte auf und versuchten die Menschen mit Tränengas zu zerstreuen. Handyclips im Internet zeigten brennende Müllcontainer und eine aufgebrachte Menge, die Motorräder von Regime-schlägern mit Eisenstangen zertrümmerte.

 

Die jüngsten Unruhen sind innerhalb von sechs Monaten die zweite Protestwelle, die den Iran erschüttert. Im Januar demonstrierten Zehntausende in 80 Städten. Damals ging das Regime mit aller Härte vor, ließ 5000 Menschen festnehmen. Anschließend kehrte zwar eine bleierne Ruhe ein. Aber die Frustration über die Wirtschaft und das politische System blieben – seit Anfang der Woche greift sie von Teheran aus auch auf andere Städte über.

Die Währung hat sich gegenüber dem Dollar seit Januar halbiert

In Isfahan, Tabris, Kermanshah und Arak blieben die Basare ebenfalls geschlossen. „Wir wollen keine Dollars für 100 000 Rial“, riefen die Menschen. Die Unruhen entfacht hat der rasante Verfall des einheimischen Geldes in den letzten Wochen, dessen Wert sich gegenüber dem Dollar seit Januar halbierte. Panikkäufe verschärfen die Lage. Und alle Hoffnungen, der Atomvertrag mit den fünf UN-Vetomächten plus Deutschland könnte für Irans gebeutelte Wirtschaft die Wende bringen, sind verflogen. Stattdessen dürfte sich die Devisenknappheit weiter zuspitzen, wenn ab August die Finanzsanktionen nach dem Ausstieg von US-Präsident Donald Trump aus dem Atomabkommen wieder greifen.

„Die Basarhändler bangen um ihre Zukunft“, hieß es aus Kreisen der Basargilde. „Wer noch Ware hat, hortet sie. Wenn er sie verkauft, kann er nichts mehr nachkaufen“, erklärte der Generalsekretär Ahmad Karimi-Esfahani und warnte, die Unruhen könnten eskalieren, wenn die Probleme nicht gelöst würden. Doch danach sieht es nicht aus. Irans Wirtschaft leidet seit Jahrzehnten unter Korruption und Missmanagement. Das Bankensystem ist verrottet. Gleichzeitig haben die teuren Auslandseinsätze in Syrien und Libanon die Kräfte der Nation überstrapaziert. Und so suchen immer mehr Wohlhabende das Weite. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds wurden im Jahr 2017 insgesamt 27 Milliarden Dollar Kapital außer Landes geschafft. In seiner Predigt zum Ende des Ramadan beschwor Revolutionsführer Ali Khamenei seine Landsleute, auf Auslandsurlaube zu verzichten und dafür zu sorgen, dass keine Devisen das Land verlassen. Parallel dazu veröffentlichte das Handelsministerium eine Liste von 1339 „nicht notwendigen“ Produkten, die ab sofort nicht mehr importiert werden dürfen – darunter Textilien, Schuhe und Haushaltsgeräte.

Weltkonzerne haben signalisiert, sich aus dem Iran zurückzuziehen

In Teherans Regierung rechnet kaum noch jemand damit, dass sich der Atomvertrag durch Großbritannien, Frankreich und Deutschland retten lässt. Weltkonzerne wie Total, Siemens und der französische Autohersteller PSA haben signalisiert, dass sie sich zurückziehen werden. Und so triumphieren im Iran wieder die Hardliner. „Trump hat die Illusion, dass wir nun gezwungen sind, unser Verhalten in Syrien, Libanon, Jemen und Irak zu ändern“, zitierte die „New York Times“ den Berater für Regionalfragen im Außenministerium, Hossein Sheikholeslam. „Das werden wir nicht tun, unter keinen Umständen.“