Wer an Dekra denkt, denkt an das Autogeschäft – etwa an Prüfung und Zertifizierung von Fahrzeugen. Dies ist unverändert der größte Dekra-Bereich. Doch auch mit Qualifizierung und Weiterbildung punkten die Stuttgarter.

Stuttgart - Der Prüfkonzern Dekra qualifiziert Interessenten aus Südosteuropa, um den Fachkräftemangel in Deutschland zu lindern. Die Interessierten werden sowohl fachlich als auch sprachlich ausgebildet, um dann in den deutschen Arbeitsmarkt vermittelt zu werden. Derzeit hat Dekra etwa 75 Kunden – das sind überwiegend Krankenhäuser und Seniorenheime –, die Pflegepersonal suchen, sagte Dekra-Chef Stefan Kölbl in Stuttgart. Seit diesem Jahr qualifiziert der Konzern auch über das Thema IT-Sicherheit. Aktuell drücken mehr als 3000 Teilnehmer die Schulbank bei Dekra; in den Arbeitsmarkt vermittelt wurden in diesem Jahr bereits 1300 Pflegefachkräfte.

 

Auch die Integration geflüchteter Menschen hat sich die Dekra zum Thema gemacht. Wie viele von ihnen in den vergangenen zwei Jahren bereits Sprach- und Integrationskurse absolviert haben, war nicht zu erfahren. „Inzwischen verfügen viele Migranten über gute Deutschkentnisse, die ihnen die Teilnahme an beruflichen Qualifizierungen ermöglichen“, steht in der Dekra-Mitteilung.

Mechatroniker fehlen

Erfolgreich sind die Stuttgarter auch in der Vermittlung von Zeitarbeitern. In der Spitze seien 2018 rund 19 500 Zeitarbeiter beschäftigt worden, eine Steigerung von 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – ein Rekordwert, sagte ein Dekra-Sprecher. Und es hätten noch mehr sein können, wenn denn die Fachkräfte zur Verfügung gestanden hätten. Vor allem Mechatroniker und Elektriker würden in Süddeutschland fehlen. Und eine Abschwächung der Nachfrage sei bisher nicht festzustellen, versichert der Sprecher. Dekra Arbeit nimmt unter den größten Anbietern von Personaldienstleistungen hierzulande Rang sechs ein. Aber die Stuttgarter sind nicht nur hierzulande aktiv, sondern vermitteln in insgesamt 17 Ländern Zeitarbeiter – von der Hilfskraft, über den Facharbeiter bis hin zum Ingenieur. Seit diesem Jahr ist Dekra mit dieser Dienstleistung auch in Frankreich und Österreich präsent. Im nächsten Jahr sollen weitere Auslandsmärkte sowohl in Europa als auch in Südamerika hinzukommen. Die gute konjunkturelle Lage hat Dekra Personnel im zu Ende gehenden Jahr ein deutliches Wachstum beschert – voraussichtlich um knapp acht Prozent auf 700 Millionen Euro. Damit ist die Personalvermittlung, der kleinste Bereich der Stuttgarter, deutlich überproportional gewachsen.

Umsatzplus von 5,5 Prozent erwartet

Insgesamt dürfte der Dekra-Konzern das laufende Jahr mit einem Umsatzplus von 5,5 Prozent auf dann 3,3 Milliarden Euro abschließen. Damit wäre 2018 das 15. Wachstumsjahr in Folge. Und im nächsten Jahr werde ein ähnliches Wachstum wie 2018 angestrebt. In den vergangenen 15 Jahren habe das Unternehmen 100 Zukäufe getätigt, 35 000 Mitarbeiter eingestellt und den Umsatz um 1,2 Milliarden Euro erhöht, beschrieb Kölbl die Entwicklung. Vor allem die Internationalisierung wurde vorangetrieben. Im Jahr 2003 wurden gerade mal 65 Millionen Euro Umsatz im Ausland erzielt, mittlerweile seien es 1,3 Milliarden Euro. Mehr als die Hälfte der inzwischen 46 000 Mitarbeiter – das sind 2000 mehr als im Vorjahr – seien im Ausland tätig.

Und die Internationalisierung geht weiter. So wird Dekra im chinesischen Tianning eine Nutzfahrzeug-Testanlage für automatisiertes und vernetztes Fahren aufbauen. Zudem wollen die Stuttgarter künftig Fahrzeuge in China prüfen. Begonnen damit werde Anfang 2019 mit einer Station in Shenzen; wenige Monate später soll eine weitere Station in Peking eröffnet werden. „Dekra ist auch in den Wachstumsmärkten Asiens auf einem guten Weg, zum bevorzugten Partner für technische und organisatorische Sicherheit zu werden“, so Kölbl.

Das Fahrverhalten wir analysiert

Auch die zunehmende Digitalisierung treibt den Konzern, der mittlerweile in 60 Ländern tätig ist, um. So arbeitet die Dekra Digital GmbH an einer „Safety App“, um das Fahrverhalten von Pkw-Fahrern zu analysieren. Aus den gewonnenen Daten sei beispielsweise abzuleiten, ob der Fahrer mit einem aggressiven Stil unterwegs sei. Ziel sei, die Verkehrssicherheit zu verbessern. Die App steht kurz vor der Markteinführung, sagte Kölbl.

Gemeinsam mit dem Schweizer Startup Spearhead soll auch das Schadensmanagement digitaler werden. Unter Nutzung von Telematik-Daten des Fahrzeugs sollen Schadensmeldung und Beurteilung schneller und teils automatisch gehen.