Aus dem massenhaften Prüfungsabbruch von Wirtschaftsstudenten zieht auch die Uni Hohenheim jetzt Konsequenzen: Sie will ihre Prüfungen reformieren. Mit ihrer Mitteilung reagiert die Hochschule auf einen Bericht unserer Zeitung über die Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen knapp 100 Studenten.

Stuttgart - Mit einer Mitteilung über Reformen bei den Prüfungen reagiert jetzt die Uni Hohenheim auf einen Bericht unserer Zeitung über die Folgen eines massenhaften Prüfungsabbruchs von BWL-Studierenden am 23. Mai 2018. Denn inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart nicht nur gegen jenen Arzt, der insgesamt 145 ähnlich lautende Atteste ausgestellt hat, sondern auch gegen knapp 100 Studierende, die im Verdacht stehen, sich mittels unrichtiger Gesundheitszeugnisse vor der Prüfung gedrückt zu haben. Auch die Uni räumt ein, dass jene BWL-Prüfung „aus dem Rahmen gefallen“ sei, als 75 der 244 Prüflinge wegen angeblicher Erkrankung spontan den Saal verlassen hatten. Letztlich erkannte die Uni 83 Prüfungsrücktritte nicht an. Sieben Studierende verloren damit endgültig ihren Prüfungsanspruch und mussten die Uni verlassen. Das alles soll nun nicht wieder vorkommen.

 

Prorektorin: Wir wollen die Pflichtanmeldung für Klausuren abschaffen

Zu den laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wolle man sich nicht äußern, teilt die Uni mit. „Unser Hauptanliegen ist es, faire Klausuren zu gewährleisten“, erklärt Korinna Huber, die Prorektorin für Lehre. „Dies haben wir durch unsere Attest-Überprüfungen im Jahr 2018 in einem Maße erreicht, dass wir mit Sicherheit nicht mit ähnlichen Wiederholungsfällen rechnen müssen“, meint die Professorin. Man habe die Vorfälle aber zum Anlass genommen, konkrete Änderungen in der Studienorganisation vorzunehmen. „Als erste konkrete Maßnahme wollen wir die sogenannte Pflichtanmeldung für Klausuren abschaffen“, so Huber. Dazu werde nächste Woche eine Beschlussvorlage für den Senat fertiggestellt. Die bisherige Regelung sieht vor, dass Studierende sich zwar zu einem beliebigen Zeitpunkt für die Klausuren anmelden können, den Prüfungstermin anschließend aber nur ein einziges Mal ohne die Angabe von Gründen verschieben dürfen. Wer durchfällt oder sich krankmeldet, wird automatisch für den nächstmöglichen Nachschreibetermin angemeldet. Künftig sollen die Studierenden selber entscheiden, wann sie die Prüfung wiederholen.

Bei den Prüfungen soll Anwendung des Wissens statt Auswendiglernen betont werden

Aber auch Inhalt und Zahl der Prüfungen stellt die Uni auf den Prüfstand. „Wir diskutieren in den einzelnen Studiengängen, ob und wo es sinnvoll ist, die Anzahl der Prüfungen zu reduzieren“, so die Prorektorin. Man erwäge dabei auch eine Zusammenlegung von Modulen und alternative Formen des Leistungsnachweises. Zudem wolle man Prüfungen so gestalten, dass nicht auswendig gelerntes Wissen abgefragt werde, sondern die Anwendung des Wissens im Vordergrund stehe. Auch die Studierenden seien in diese Veränderungsprozesse eingebunden, so Huber. Zudem wolle man auch aktuellste Entwicklungen in der Didaktik berücksichtigen. In Workshops schule man Hochschullehrer darin, eine möglichst gute Verbindung zwischen Gestaltung der Lehre und der dazugehörigen Prüfung zu erreichen. Keinesfalls jedoch, versichert die Uni, werde man mit diesen Reformen die Qualität der Ausbildung senken.