Stuttgart kann Fasching! Das haben am Samstagabend die Karnevalsgesellschaften Zigeunerinsel und Grün-Schwarz bewiesen.

Stuttgart - Groß, größer, am größten: Wenn die Zigeunerinsel zur Prunksitzung in die Liederhalle lädt, dann geht nicht nur die fünfte Jahreszeit mit Macht in Richtung Zielstrich, dann bieten die tollen Tage auch einen absoluten Höhepunkt der Stuttgarter Narretei. Schon 1300 verkaufte Karten zeigen, dass die Attraktivität dieser seit 1962 im Beethovensaal platzierten Tollerei ungebrochen ist. Und wenn darüber hinaus wieder einmal fast 700 Aktive beteiligt sind, dann ist schon der Einmarsch der 26 Gast-Gesellschaften des Abends ein Event – gekrönt vom gesammelten Einzug der Zigeunerinsel, die mit ihren zahlreichen Gruppen dann auch locker den ersten großen Block im fünfstündigen Nonstop-Programm bestreitet. Selbstbewusst rief so Präsident Thomas Haas in den vollen Saal: „Wir zeigen einmal mehr, dass die Tradition des Faschings auch in Stuttgart zuhause ist!“

 

Zum närrischen Vorspiel gehört auch die Ordensverleihung an die Polit-Prominenz, wobei der Verkehrsminister Winfried Hermann wieder einen Volltreffer landete: Nur einen „grünen Kittel“ hatte er im Kostümfundus der Oper begehrt, nun erschien er von Kopf bis Fuß als schlimmer Finger, als mintfarbener Figaro-Graf Almaviva. Ein barocker Schwerenöter von der Allongeperücke bis zu den Schnallenschuhen. Der Bürgermeister Michael Föll beließ es beim vertrauten Slim-fit-Anzügle, mit Samtband an der Hosennaht und dem lila Schiffle auf dem Haupt, sodass ihm die „kostenlosen Grüße aus der Kämmerei“ routiniert über die Lippen gingen. Dass Föll von der historischen Zigeunerinsel vor den einstigen Mauern im Westen der Stadt, mit der der Präsident die politische Korrektheit des Namens der Gesellschaft verteidigte, „nichts gewusst“ hat, bescherte ihm „zwecks Fortbildung“ das passende Geschenk: das Mini-Büchle „Die kleine Maus sucht die Fasnacht“.

Der Saal steht und schunkelt

Dann ging es Schlag auf Schlag, mit Auftritten von der Kindergarde aufwärts. Als die Hutzelmännlein Ringelreihen machten, zeigten die Front-Girls Nina und Kerstin musikalisch, wo es fortan langgehen wird: „Wir geben Gas, wir wollen Spaß“. Den bot auch der Spielmannszug, der seinen klingenden Auftritt im Bigband-Sound mit einer historischen Ensemble-Modenschau zum 60. Geburtstag garnierte: vom Matrosen-Look bis zum Schottenrock. Den Saal rockte auch Tina, als sie à la Helene Fischer auf die „Achterbahn der Gefühle“ lockte: Der Saal steht und schunkelt – und „die Hände bleiben oben!“

Voll am Bändel hatten auch die Komödianten das Publikum mit ihren Mundart-Päckle. Putzteufel Elfriede Schäufele etwa oder das Duo „Dui do ond d Sell“. Für Begeisterung sorgte auch das Samba-Wunder Pauline, die eine Prise „Karneval in Rio“ in den Saal brachte. Und final mitreißend war der rassige Auftritt der eigenen Show-Garde.

Familiäre Stimmung bei Grün-Schwarz

Eher familiär ging es beim Ball der Gesellschaft Grün-Schwarz zu, wo das Foyer der Sängerhalle in eine belebte Bar verwandelt war. Fast drei Stunden Programm ist eine Menge Holz für eine kleine Gesellschaft, wobei zu später Stunde aber nicht nur die Roten Funken und Fünkchen aus Münster noch zündeten, sondern auch die Burlesque-Damen aus Cannstatt in Pigalle-Manier für Erregung sorgten. „GroKolores“ ließ die wider Erwarten in Berlin geforderte CDU-Frau Karin Maag verlesen, die gerne weiter „ein GroKo-Mobil“ sein möchte. Finaler Hit war das Männerballett aus Talheim, das als Bautruppe zeigte, wo der karnevalistische Gummi-Hammer hängt. Für den zünftigen Kehraus sorgten dann die Kübler aus Cannstatt, die mit ihrem Spielmannszug noch einmal richtig Dampf machten.