Einsamkeit lässt sich nicht messen. Während die einen sie richtig genießen können, leiden andere so sehr darunter, dass sie körperlich und psychisch krank werden.

Stuttgart - Die Einsamkeit liegt im Meer, nördlich von Sibirien. Der Anblick einer trostlosen, unbewohnten Insel in der Karasee muss jenen norwegischen Entdecker, der ihr den Namen gab, an die schmerzhafte Sehnsucht nach Kontakt zu anderen Menschen erinnert haben: Ensomheden. Einsamkeit. Manchmal befällt uns dieses quälende Gefühl nur kurz, so flüchtig wie ein Lufthauch. Doch mitunter erdrückt uns die Einsamkeit geradezu, beschwört gar Krankheiten herauf oder erstickt den Lebensmut.

 

Das Gefühl zeigt sich vor allem, wenn sich etwas im Leben grundsätzlich verändert – zum Beispiel, wenn Menschen erstmals für längere Zeit das Elternhaus verlassen, den Wohnort wechseln, einen Lebenspartner verlieren oder ihren Arbeitsplatz aufgeben. Neue, intensive Kontakte zu knüpfen braucht dann häufig Zeit. Viele Menschen sind in solchen Situationen zunächst auf sich allein gestellt, womöglich zum ersten Mal in ihrem Leben. Und doch reden nur wenige offen darüber.

Wer einsam ist, schämt sich häufig. In den Augen vieler scheint der Einsame in der Gesellschaft versagt zu haben. „Denn ein Leben ohne intensive Beziehungen entspricht nicht der gesellschaftlichen Norm“, sagt die promovierte Soziologin Caroline Bohn, die sich als selbstständige Beraterin auf das Thema Einsamkeit spezialisiert hat. Auch Wissenschaftler haben das Thema Einsamkeit lange gemieden. Doch nach und nach tragen Mediziner und Psychologen, Genetiker und Soziologen immer mehr Erkenntnisse darüber zusammen.