Selbstbewusstsein lässt sich lernen – mit einfachen Übungen. Ein Kurs des evangelischen Bildungswerks ermutigt Menschen zu einem neuen Umgang mit sich selbst.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart-Nord - Mathe und Physik waren schon immer meine Schwachstelle“, gesteht ein Teilnehmer. Regelmäßig habe er einen Blackout in den Klassenarbeiten gehabt. Auch heute – viele Jahre später – bekommt er immer noch Angst, wenn er es mit Zahlen und Rechnen zu tun hat. Selbstzweifel, Verunsicherung und pessimistisches Denken entziehen jeglichem Selbstvertrauen den Boden. Die alte Erfahrung bestätigt sich bei dem jungen Mann immer wieder: „Ich muss etwas machen, aber ich habe immer das Gefühl, ich kann es nicht.“ Eine sichere Methode, um sich das eigene Selbstvertrauen zu nehmen. „Sie müssen sich klarmachen, dass sie etwas tun dürfen oder wollen, aber niemals müssen“, erklärt ihm Trainer Guido Ingendaay beim Workshop des evangelischen Bildungswerks im evangelischen Gemeindehaus der Erlöserkirche, während er die Körperhaltung des Teilnehmers neu ausrichtet. „Manchmal machen wir einfach eine Bewegung, die unseren Körper ständig negativ beeinflusst und Angst erzeugt“, sagt Ingendaay, der sich auf die so genannte Alexander-Technik spezialisiert hat: eine Methode des Schauspielers Frederick Matthias Alexander, die durch koordiniertes Bewegen, gelassenes Reagieren, freies Atmen und bewusstes Handeln Entspannung und mehr Selbstvertrauen entwickeln soll. Entstanden ist die Methode, indem Alexander sich selbst und Personen in seiner Umgebung genau beobachtet hat.

 

Angst vor dem Versagen hat einen Nutzen

Ein Mangel an Selbstvertrauen kann sich auf Dauer ganz unterschiedlich äußern. „Irgendwann summieren sich bei einem Menschen die Dinge, die er aus Angst nicht mehr tut“, erklärt Ingendaay. Dadurch werde das Fass mit dem Selbstvertrauen immer leerer, das mit dem Frust fülle sich immer mehr an. „Wichtig ist zunächst, dass Sie verstehen, dass die Fähigkeit, Angst und Zweifel zulassen zu können, unabdingbar ist“, fährt er fort. Ein Leben frei von Angst könne niemals ein Ziel sein, denn sie schütze den Menschen auch vor Gefahren. „Ein Grund für die Finanzkrise ist, dass zu wenige Menschen Angst hatten“, so der Trainer.

Damit die Teilnehmer seines Workshops überhaupt Selbstvertrauen entwickeln können, erklärt Guido Ingendaay zunächst, was dies eigentlich genau ist. „Es ist nicht nur ein Gefühl, sondern auch eine Fähigkeit“, betont er. Genau an diesem Punkt setze auch die Alexander-Technik an. „Jeder Mensch hat ein Potenzial in sich verankert. Durch den häufigen Gebrauch entsteht aus diesem Potenzial eine Fähigkeit“, erklärt der Trainer. Dies bedeutet: Durch häufiges Üben von angstmachenden Situationen eignen sich Menschen diese Fähigkeit an. „In solchen Situationen ist es auch bedeutend, bewusst mit dem Kopf zu entscheiden.“ Tatsächlich scheint es bei den Teilnehmern während einer kleinen Übung zu funktionieren: „Die Angst ging weg, als ich mich im Kopf bewusst darauf konzentriert habe“, erzählt eine Frau.

Die Leichtigkeit kommt von allein

Die Teilnehmerin Monika Battermann glaubt, dass es sich wie in der Meditation abspielt: „Der Körper entspannt sich dabei ja auch durch die besondere Haltung.“ Während der Übungen von Guido Ingendaay habe sie auch gemerkt, dass sich eine gewisse Leichtigkeit eingestellt habe. „Ich kann aber auch nicht erklären warum. Da fehlen mir die Worte“, sagt Battermann.

Einige Schritte beinhaltet die Alexander-Technik, damit der gewünschte Erfolg eintritt: Zuerst müsse jemand selber merken, dass etwas nicht richtig läuft, sagt Ingendaay. Der zweite Schritt sei das Innehalten, also nichts gegen die Angst zu unternehmen. Mit etwas Abstand zur Situation wäre eine Person dann auch wieder mehr in der Lage, konstruktiv und rational zu denken. „Die erste Lösung, die einem einfällt, kann immer nur die Fortsetzung des Problems sein“, bekräftigt Ingendaay. Der erste Schritt also: Erst einmal nichts tun, abwarten und sich wieder beruhigen.