Immer mehr Kirchengemeinden rollen zu WM-Zeiten die Großbildleinwand aus. So auch in den Bezirken Plieningen, Degerloch und Sillenbuch. Doch damit allein ist es nicht getan. Für Public Viewings braucht man eine Gema-Lizenz.

Filder - Das passiert Jürgen Möck eher nicht mehr. Dass er im Auto sitzt und nur übers Radio hört, wenn die deutsche Mannschaft bei einer Fußball-WM ihr erstes Tor schießt. So war das 2006. Weil sich Jürgen Möck und die anderen völlig verschätzt hatten, musste der Degerlocher Diakon mitten in der Partie Deutschland gegen Costa Rica noch mal zum Metzger und Bäcker. Sie hatten damals damit gerechnet, dass circa 150 Fans im Waldheim mit den Deutschen Kickern mitfiebern. „Wir sind völlig überrannt worden“, erzählt er. Gekommen sind viermal so viele.

 

Vor und nach dem Anpfiff sind etliche Helfer im Einsatz

Das Public Viewing im Weidachtal ist inzwischen eine Institution. Zu den Partien mit deutscher Beteiligung kommen verlässlich 400 bis 500 Leute. Darauf haben sich Jürgen Möck und die anderen Helfer auch für die am 12. Juni beginnende WM in Brasilien eingestellt. Immerhin zwölf bis 14 Ehrenamtliche rollen für die Übertragung zwei Leinwände aus, rücken Bierbänke zurecht, werfen den Grill an und stellen die Getränke kühl.

Doch die evangelische Gemeinde in Degerloch ist längst nicht die einzige, die die Spiele der deutschen Mannschaft im Großformat zeigt. Allein in den Bezirken unter dem Fernsehturm haben Fußballbegeisterte die Qual der Wahl.

Fußball bringt die Menschen zusammen

Dass so viele Kirchengemeinden zum Fußballgucken laden, ist kein Zufall. „Wenn viele Menschen zusammenkommen, will Kirche dabei sein“, sagt Stefan Kiefer, der Geschäftsführer der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD). Zur Erklärung zitiert Stefan Kiefer den ehemaligen Ratsvorsitzenden der EKD, Wolfgang Huber: „Fußball ist ein starkes Stück Leben“, sagt er. „Das drückt es eigentlich genau aus.“

Dieser Gedanke trieb auch Elisabeth Jooß um. Diese WM ist die erste, die die Riedenberger auf Einladung der evangelischen Gemeinde im Stadtteil und in Gesellschaft gucken können. „Wir wollten, dass die Riedenberger in Kontakt kommen“, sagt die Pfarrerin. Mitgefiebert wird im Magazin der Feuerwehr, „zu der haben wir einen guten Kontakt“, sagt Elisabeth Jooß. Sie rechnet mit 100 bis 200 Fans. Damit die Bierbänke im Feuerwehrhaus Platz finden, werden die Löschfahrzeuge während den Partien an der Emmauskirche geparkt.

Die EKD hat einen Vertrag mit der Gema geschlossen

Allein mit Bänke aufstellen und Beamer einschalten ist es aber nicht getan. Auch nicht kommerzielle Veranstalter von Public Viewings brauchen eine Lizenz der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, kurz Gema. Die bei der Übertragung eingespielte Musik und die Journalistenbeiträge sind urheberrechtlich geschützt.

Damit sich nicht jede Gemeinde eine Lizenz besorgen muss, hat die EKD 2006 – als die Idee des Public Viewings geboren wurde – einen Vertrag mit der Gema geschlossen. Wie der Verband der Diözesen in Deutschland auch. So auch 2014, jedoch mit Einschränkung. „Die Gema hat ihre Preise drastisch erhöht“, sagt Stefan Kiefer von der EKD. Mit der Konsequenz, dass sich die EKD die Lizenz nur für bundesweit 1200 evangelische Einrichtungen leisten konnte. In den Jahren zuvor hätten „deutlich mehr als 2000 Gemeinden“ zum Bibbern in großer Runde geladen.

Die Liste für die Lizenzen war ruckzuck voll

Die Liste war ruckzuck voll. Gemeinden, die zu spät dran waren, müssen sich die Lizenz nun selbst für 80 Euro holen. Norbert Dieterich, der Pfarrer der evangelischen Gemeinde Alt-Heumaden, war rechtzeitig dran. „Ich habe sofort am ersten Tag hingeschrieben“, sagt er. Aber nicht etwa aus Sorge, ansonsten leer auszugehen. „Ich erledige immer alles gleich“, sagt er und lacht. Norbert Dieterich lässt sich nicht stressen. Und genauso ist das Public Viewing unter dem Alt-Heumadener Kirchturm: ein eher kleinerer Kreis mit vielleicht 40 bis 50 Leuten. „Wir haben ein familienfreundliches Public Viewing.“

Fußballgucker haben also die Auswahl zwischen klein und fein wie im historischen Heumaden oder groß und ein klein wenig lauter wie im Waldheim Degerloch. Und die Leute erkunden bereits jetzt, welches Public Viewing ihnen am besten gefällt. So sagt es der Degerlocher Diakon Jürgen Möck. „Es gibt ein paar Leute, die rumfahren und fragen: Was gibt es zu essen? Wo steht die Leinwand? Was für einen Beamer gibt es?“

Viele Kirchengemeinden machen mit

Die Orte, an denen WM-Spiele gezeigt werden, im Einzelnen: In Degerloch zeigt das Waldheim, Epplestraße 205, alle Spiele der Deutschen. Es gibt Gegrilltes, Pommes und Getränke. In Plieningen tummeln sich die Fans im katholischen Gemeindezentrum, Wollgrasweg 11. Dort zeigt die Katholische Jugend alle Deutschlandspiele und das Finale am Sonntag, 13. Juli. Es gibt Getränke und Snacks aus fairem Handel. In Sillenbuch machen alle evangelischen Kirchengemeinden mit. Die Gemeinde Heumaden-Süd überträgt im Gemeindezentrum an der Bockelstraße 125 B, die Gemeinde Alt-Heumaden im Gemeindehaus, Schwendestraße 1 A, die Gemeinde Riedenberg im Feuerwehrmagazin an der Schemppstraße 48, und die Gemeinde Sillenbuch im Äckerwaldzentrum, Gosheimer Weg 1. Überall gibt es Snacks und Getränke.