Am Donnerstag beginnt die Fußball-WM. Mittlerweile bieten viele Kirchengemeinde nicht kommerzielle Public Viewings an. Zum Beispiel in Stuttgart-Heumaden. Es gab im Vorfeld deshalb allerdings auch kritische Stimmen aus der Gemeinde.

Heumaden - Wann ist der schlechteste Moment, um sich während eines Fußballspiels schnell eine Rote Wurst oder ein Bier zu holen? Antwort: Wenn der Ball rollt. „Bei der letzten Weltmeisterschaft hat mein Mann immer wieder nur den Torschrei gehört, weil er gerade beim Bierzapfen war“, erzählt Rita Köngeter-Sauter. Deshalb können Fußballbegeisterte im Gemeindesaal in Heumaden-Süd bei dieser WM nur vor und nach dem Spiel sowie in der Halbzeitpause Bier und Verpflegung holen.

 

Rita Köngeter-Sauter ist Mesnerin der evangelischen Kirchengemeinde Heumaden-Süd. Zusammen mit ihrem Mann und dem Ehepaar Brenner – auch Mitglieder der Kirchengemeinde – organisiert sie das Public Viewing zur Fußball-WM im Gemeindesaal an der Bockelstraße. „Mit der WM im eigenen Land fing alles an“, erinnert sich Beate Brenner. Das war 2006. Seither gibt es bei jeder WM und jeder EM Public Viewing im Gemeindesaal. „Über die Jahre hat sich dabei ein richtiges Stammpublikum gebildet“, sagt Brenner. Sie freue sich aber immer sehr, wenn auch neue Leute bei der Übertragung der Spiele vorbeischauen. „Ob Kirchgänger oder Nicht-Kirchgänger kommen, ist uns ganz egal“, ergänzt Köngeter-Sauter.

Die Lizenz ist recht günstig

Damit sie die Spiele übertragen darf, musste sich die Kirchengemeinde eine Lizenz besorgen. Die Evangelische Kirche Deutschland hat dafür eine Vereinbarung mit der Gema getroffen. „Durch die ist die Lizenz relativ günstig“, sagt Brenner. Circa 80 Euro musste die Gemeinde bezahlen. Getränke und Rote Würste bieten die Veranstalter ebenfalls an: Im Innenhof stellen sie dafür einen Grill auf. „Die Verpflegung ist auf Spendenbasis“, sagt Köngeter-Sauter. „Würden wir es kommerziell machen würden, bräuchten wir eine andere Lizenz.“ Die wäre deutlich teurer.

Beate Brenner (l.) und Rita Köngeter-Sauter Foto: Ritzer

Bis zu 120 Leute dürfen in den Gemeindesaal. „Wir bestuhlen für die ersten 30 oder 40“, sagt Köngeter-Sauter. Die Erfahrung der bisherigen Public Viewings zeige, dass die Zahl der Zuschauer auch von der Anstoßzeit abhängt. „Wir hatten schon 80 Zuschauer hier, es kamen aber auch mal nur 20“, sagt Köngeter-Sauter. Bei einer WM kämen aber generell immer mehr Leute als bei einer EM. Dass es nur ein kleiner Rahmen sei, sei aber gerade gut, findet Brenner: „Wir bieten ein familienfreundliches Public Viewing. Es gibt auch viele jüngere Kinder, die ohne ihre Eltern zum Fußballschauen kommen.“ Es kämen aber auch ältere Leute, „teilweise über 80-Jährige“.

Es gab auch kritische Stimmen in der Gemeinde

Dabei gab es vor dem ersten Public Viewing kritische Stimmen in der Gemeinde. Der Fußball sei so kommerziell, da müsse die Kirche nicht mitmischen. Doch diese Stimmen seien verstummt, sagt Brenner und erklärt: „Durch das Angebot, die Fußballspiele zu zeigen, wurde das Gemeinschaftsgefühl in der Gemeinde gestärkt.“ Außerdem schauten beim Public Viewing Leute vorbei, die sich ansonsten im Gemeindehaus nicht sehen ließen.

Für die Fans veranstaltet Beate Brenner bei jedem Spiel ein kleines Gewinnspiel. Bis zum Anpfiff darf jeder einen Tipp abgeben, wie die Partie ausgeht. „Manche wissen heute noch, bei welchem Spiel sie gewonnen haben“, sagt Brenner, „Selbst, wenn das schon vier Jahre her ist.“ Wer richtig tippt, bekommt auch einen kleinen Preis. „Die Gewinner freuen sich immer wie die Schneekönige“, sagt Brenner. Außerdem fieberten sie dann beim Spiel noch mehr mit, als sie es sowieso schon tun würden.

Auch der Aberglaube mischt mit

Wie bei den vergangenen Fußballmeisterschaften zeigt die evangelische Kirchengemeinde Heumaden-Süd auch beim diesjährigen Public Viewing alle Spiele der deutschen Nationalmannschaft. Das erste Spiel ist am Sonntag, 17. Juni, 17 Uhr, gegen Mexiko. Die Termine für die zwei folgenden Gruppenspiele gegen Schweden und Südkorea hat Köngeter-Sauter auch schon eingeplant. „Wie es danach weitergeht, hängt ganz von der deutschen Mannschaft ab“, sagt sie.

Wenn die deutschen Fußballer am kommenden Sonntag ins Turnier eingreifen, werden Beate Brenner und Rita Köngeter-Sauter bereits seit einer Stunde im Gemeindezentrum sein. Denn immer eine Stunde vor Anpfiff liegen die ersten Würste auf dem Grillrost. Bereit für die Fußballfans als Einstimmung auf hoffentlich spannende Spiele. „Mein Mann ist schon richtig abergläubisch“, sagt Brenner. „Er glaubt, er muss im Gemeindezentrum sein, damit die deutsche Mannschaft gewinnt.“

Hier gibt es nicht kommerzielle Public Viewings:

Degerloch
Das Waldheim an der Epplestraße 205 überträgt alle Spiele der deutschen Nationalmannschaft. Es gibt Gegrilltes und Getränke.

Heumaden
Beide evangelische Kirchengemeinden laden zum Public Viewing ein. Die Gemeinde Heumaden-Süd zeigt alle Spiele mit deutscher Beteiligung im Gemeindezentrum, Bockelstraße 125 B. Die Kirchengemeinde Alt-Heumaden überträgt die Spiele im Gemeindehaus an der Schwendestraße 1 A.

Riedenberg
Die Kirchengemeinde überträgt zusammen mit der Freiwilligen Feuerwehr die Spiele der deutschen Mannschaft im Feuerwehrmagazin, Schemppstraße 48.

Hohenheim
Die Gemeinde Sankt Antonius-Gemeinde zeigt die Spiele der deutschen Mannschaft im Gemeindezentrum am Wollgrasweg 11.