Ein mutmaßliches Opfer der Menschenhändler trägt im Pussy-Club-Prozess trotz mehrstündiger Vernehmung kaum zur Aufklärung bei.

Fellbach - Was hat sich zugetragen hinter den Türen der Flatratebordelle, von denen eines, der Pussy Club, auch in Fellbach (Rems-Murr-Kreis) stand? Ein Menschenhändlerring aus Osteuropa soll Frauen nach Deutschland geschleust und zur Prostitution gezwungen haben. 22 Rumäninnen gerieten laut der Anklage zwischen 2004 und 2009 in die Fänge der Bande, deren zehn mutmaßlichen Mitgliedern seit drei Wochen in Stuttgart der Prozess gemacht wird. Drei der illegal beschäftigten Frauen, die offenbar unter katastrophalen Zuständen anschaffen mussten, sind Nebenklägerinnen.

 

Eine von ihnen, 21 Jahre jung, Mutter von zwei Kindern, sitzt am Dienstag als erste der drei im Zeugenstand. Ihrer Aussage nach arbeitete sie bis zur Razzia durch die Polizei im Sommer 2009 mehrere Monate lang im Club Milano in Berlin und später in einem Pussy Club, ebenfalls in der Hauptstadt. Dort musste sie Männer gegen eine Pauschale so oft und so lange bedienen, wie diese es wünschten. Sollten sich die Richter mehr Informationen über die Umstände erhofft haben, unter denen die Frauen arbeiteten - körperliche Gewalt, miserable hygienische Verhältnisse, überlange Arbeitstage mit Dutzenden von Freiern-, so werden sie enttäuscht. Die junge Frau, die den Zeugenstand luftig bekleidet betritt, kann trotz mehrstündiger Vernehmung kaum zur Aufklärung beitragen. Auch auf konkrete Nachfragen des Richters hin übersetzt der Dolmetscher oft nur zusammenhanglose Antworten. "Dabei belasse ich es, weil ich keine Probleme will", sagt sie einmal: Sie habe Angst vor Racheaktionen gegen ihre Familie in Rumänien.

"Ich habe gelogen aus Angst"

Auch frühere Vernehmungen der Polizei versprechen wohl kaum weitere Erkenntnisse. Dort liegt die Aussage der Zeugin bereits in vier Versionen vor. Doch nichts, was sie damals sagte, sei wahr: "Ich habe gelogen aus Angst." Das setzt ihre Glaubwürdigkeit nicht ins beste Licht.

Nach der mühsamen Befragung kristallisiert sich zumindest die Geschichte einer Frau heraus, die mit 16 Jahren das erste ihrer zwei Kinder zur Welt bringt. Die Analphabetin, deren Brüder sie schon in jungen Jahren auf den Strich schicken, lernt in der Discothek Sharks in Rumänien den Türsteher Andreij kennen. Er habe ihr einen Job in Deutschland angeboten, erzählt sie. Als sie ablehnte, habe er sie gegen ihren Willen über Ungarn nach Berlin geschleust. Dort habe man sie allabendlich ins Bordell gebracht: "Zieh dich aus und geh arbeiten", sei sie angeherrscht worden. Einen der Angeklagten will sie im Saal des Landgerichts wiedererkannt haben.

Trotzdem kauft eine Verteidigerin ihr die Rolle des Opfers nicht ab. Schließlich sei das Geschäft für die Frauen lukrativ, die damit in Deutschland zigmal mehr verdienen würden als in ihrer Heimat, meint sie.