Zwei Jahre war „Pussy Riot“-Frontfrau Nadeschda Tolokonnikowa in einem russischen Arbeitslager inhaftiert. Ihre Geschichte schildert sie in ihrem Buch.

Stuttgart - Ein Punk ist Nadeschda Tolokonnikowa schon immer gewesen. In ihrer Autobiografie „Eine Anleitung zur Revolution“, schreibt die Aktivistin über ihre Geschichte.

 

Die kurzen Kapitel der 26-jährigen Russin sind ein Abriss über Wladimir Putins Regierung, Haftbedingungen im Arbeitslager und die russische Gesellschaft. Tolokonnikowas Ansporn steht ganz oben auf Seite eins: „Wenn ich meine Seele verkaufen muss, damit Putin verschwindet und in Russland politischer Wettbewerb entsteht, dann tue ich es.“

Die Haft als Inspiration

Klingt nach Revolution, ist aber erst einmal friedlich. Im Jahr 2012 erregte die Band „Pussy Riot“, deren Mitbegründerin Tolokonnikowa ist, weltweite Aufmerksamkeit, als sie und zwei weitere Mitglieder wegen „Rowdytums“ angeklagt wurden. Die Band hatte eine Moskauer Kathedrale gestürmt und ein „Punk-Gebet“ vor dem Altar abgehalten – inklusive Beschimpfungen gegen Kremlchef Putin. Die auferlegte Haftstrafe, zwei Jahre Arbeitslager, erkannte Tolokonnikowa nicht an, trat in Hungerstreik und ließ ihre Erfahrungen in das Buch einfließen.

Eine Revolution aus Papier also? „Gewalt als Mittel habe ich immer abgelehnt“, erklärt sie bei einer Lesung im Maxim-Gorki-Theater in Berlin. Tolokonnikowa schreibt gegen das System und zitiert dafür aus Interviews, Songtexten und Briefen und verpackt ihre Gedanken auch mal in bedeutungsschwangeren Aufrufen, wie „Lies keine Nachrichten, mach sie“, oder auch „Der Scheiß verwandelt dich. Hege ihn.“

„Entwickle eine Protestkultur“

Verkaufen wird sie ihr regierungskritisches Buch vorerst nur in westlichen Ländern. „In Russland aber wird sich kein Verlag trauen, es zu veröffentlichen. Wir arbeiten daran, es mit der Unterstützung eines wohlhabenden Sympathisanten im Selbstverlag herauszubringen“, sagte sie dem „Spiegel“.

Bis es soweit ist, liest Nadeschda Tolokonnikowa aus ihrem 217 Seiten langen Manifest und fordert andere dazu auf, sich aktiv politisch zu engagieren: „Entwickle eine Protestkultur. Es gibt eine Esskultur, wie es eine Buch- und Filmkultur gibt - und es gibt eine Protestkultur.“

Aufgeben kommt für sie nicht infrage. Sie wird eine neue CD aufnehmen und weiter versuchen, mit friedlichen Protestaktionen die russische Regierung zu kritisieren. Oder wie sie es in ihrem Buch schreibt: „Versuche, aus jeder Scheiße Pralinen zu machen.“