Die sieben führenden Industriestaaten basteln an einer „Entwaffung“ Moskaus. Von heute auf morgen können sie aus der Abhängigkeit allerdings nicht entkommen. Helfen soll ein in Rom beschlossener 13-Punkte-Plan. Vizekanzler Gabriel schlägt eine Energie-KSZE vor.

Rom - Die G7-Staaten wollen wegen der Ukraine-Krise mit Flüssiggas-Importen, neuen Gasspeichern und mehr Pipelines die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen verringern. Bei einem Sondertreffen in Rom vereinbarten die Energieminister der führenden sieben Industriestaaten (G7) am Dienstag einen 13-Punkte-Plan. Es sei der Beginn eines energiepolitischen „Entwaffnungsprozesses“ in den nächsten Jahren, sagte der britische Energie-Minister Ed Davey nach der Konferenz. Die neue Strategie solle dem Russland von Präsident Wladimir Putin die Möglichkeit nehmen, Energie als Waffe einzusetzen.

 

Allerdings bestand Einigkeit, dass Änderungen nur mittel- bis langfristig erzielt werden können. „Es wird mit Blick auf die aktuelle Krise keine schnelle Lösung geben“, sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) nach dem Treffen.

Er kenne niemanden auf der Welt, „der uns sagen könnte, wie kurzfristig die Abhängigkeit von russischen Gasimporten geändert werden kann“. So seien die USA frühestens Ende des Jahrzehnts in der Lage, Flüssiggas-Exporte auszubauen, betonte der Vizekanzler.

Gabriel: „Brauchen in Europa eine Energie-KSZE“

Für die Ukraine sollen nun Notfall-Pläne erarbeitet werden, falls Russland dem Land den Gashahn zudreht. Gabriel forderte neben einer Diversifizierung der Versorgung auch eine politische Initiative unter Einschluss Russlands. „Eigentlich brauchen wir in Europa so etwas wie eine Energie-KSZE.“ In der Hochphase des Kalten Krieges habe es mit der Helsinki-Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) eine Übereinkunft über Achtung von Grenzen und Völkerrecht gegeben.

Heute brauche man eine politische Verständigung, „wie Energiemärkte in Europa funktionieren und arbeiten sollen“, sagte Gabriel. „Vor allem brauchen wir eine Verständigung darüber, dass Energieimporte und Energieexporte nie zur politischen und wirtschaftlichen Waffe der Auseinandersetzungen in Europa und der Welt werden dürfen.“

Als „Demonstration der Einheit“ bei einem Problem, das in gemeinsamer Verantwortung liege, wertete Italiens Ministerin für wirtschaftliche Entwicklung, Federica Guidi, das Treffen.

Differenzen über stärkere Rolle der Atomkraft

Die Rom-Initiative dient als Vorlage für den G7-Gipfel am 4. und 5. Juni in Brüssel. Deutschland pocht auf eine stärkere Rolle erneuerbarer Energien und auf mehr Effizienz, damit weniger Gas zum Heizen benötigt wird. An den Beratungen nahm auch Italiens Regierungschef Matteo Renzi teil.

Innerhalb der Diversifizierungs-Strategie wurde eine stärkere Rolle von Flüssiggasimporten und der Aufbau entsprechender Terminals vereinbart. Allerdings sind dies am Ende meist Investitionsentscheidungen von Unternehmen. Differenzen gab es über eine stärkere Rolle der Atomkraft, Deutschland lehnte eine G7-Vereinbarung für eine allgemeine Atomkraft-Förderung ab.

Mit einem Banner an der römischen Piazza del Popolo forderte die Umweltschutzorganisation Greenpeace die G7-Minister auf, sich für erneuerbare und effiziente Energie-Versorgung einzusetzen. Diese sichere wahre Unabhängigkeit bei der Energie ohne Umweltbelastungen.