Stunden nach dem Putschversuch des Militärs bleibt die Lage in der Türkei unübersichtlich. Präsident Erdogan gibt sich indes siegessicher.

Istanbul/Ankara - Bei dem Putschversuch in der Türkei sind mindestens 60 Menschen ums Leben gekommen. Es gab zudem Hunderte Festnahmen. Die Regierung bezeichnete den Versuch von Teilen des Militärs, die Macht an sich zu reißen, als gescheitert. In der Nähe des Präsidentenpalastes in Ankara gebe es aber noch Probleme, sagte Präsident Recep Tayyip Erdogan am Samstagmorgen am Atatürk-Flughafen in Istanbul.

 

In der Nähe des Palastes sollen Kampfjets Bomben abgeworfen haben. Über Opfer und Schäden gab es zunächst keine näheren Angaben. Ministerpräsident Binali Yildirim rief das Parlament für Samstag zu einer Sondersitzung zusammen. „Die Situation ist weitgehend unter Kontrolle“, sagte er. 754 Militärangehörige wurden nach Angaben des Justizministeriums festgenommen. Der Fernsehsender NTV berichtete über die Absetzung von fünf Generälen und 29 weiteren hohen Militärs.

General Ümit Dündar werde kommissarisch neuer Militärchef, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Wo sich der bisherige Leiter des Generalstabs, Hulusi Akar, aufhielt, war zunächst unklar. In der Nacht hatte der Ministerpräsident noch gesagt, Akar habe die Kontrolle und gehöre nicht zu den Putschisten. Ein Putschisten-General wurde nach Angaben Yildirims getötet.

Erdogan gab sich siegessicher. „Die Türkei wird nicht vom Militär regiert“, sagte er und befahl, von Putschisten gekaperte Kampfjets abzuschießen. Das Militär werde radikal gesäubert.

In den Straßen von Ankara und der Metropole Istanbul waren in der Nacht Panzer aufgefahren. Menschen rannten in Panik davon, als Schüsse abgegeben wurden und Kampfjets im Tiefflug über die Innenstädte rasten. Einige kletterten auf Panzer und stellten sich Soldaten in den Weg, wie Fernsehbilder zeigten. In Istanbul ergaben sich Soldaten an der Bosporus-Brücke, in der Nähe des Taksim-Platzes führten Polizisten Soldaten in Handschellen ab.

EU-Ratspräsident Donald Tusk äußerte sich besorgt: „Die Lage scheint unter Kontrolle, aber die Situation ist weit von einer Stabilisierung entfernt.“