Terroranschläge, Putschversuch - die Hiobsbotschaften aus dem Reiseland Türkei reißen nicht ab. Urlauber sind verunsichert, die Branche ist immer wieder im Kriseneinsatz.

Frankfurt/Ankara - Anschläge in beliebten Reiseregionen und zuletzt der Putschversuch in der Türkei verunsichern die Urlauber. Für die Reisebranche ist die diesjährige Sommersaison - traditionell die umsatzstärkste Zeit - alles andere als einfach. Nach Angaben der GfK-Marktforscher lagen die Buchungen in Reisebüros für die schönsten Wochen des Jahres bis Ende Juni acht Prozent unter dem Vorjahr. Zwar profitieren Spanien, Italien und auch Deutschland von steigender Nachfrage. Doch in anderen Regionen fällt die Zwischenbilanz mau aus.

 

Anschläge

Sie treffen vor allem den Türkei-Tourismus - im vergangenen Jahr noch auf Rang drei der beliebtesten Auslandsziele der Bundesbürger. Bereits vor dem gescheiterten Putsch lagen die Buchungszahlen deutlich unter dem Vorjahr. So schätzte Tui-Chef Fritz Joussen jüngst, dass der Branchenprimus statt zwei Millionen Reisenden wie noch 2015 in diesem Jahr nur rund eine Million in das Land am Bosporus bringt. Wie sich der Umsturzversuch des Militärs auf die Nachfrage nach Türkei-Reisen auswirken wird, sei derzeit kaum abzuschätzen, sagt ein Thomas-Cook-Sprecher.

Hoffnungen, dass das Last-Minute-Geschäft anzieht, wurden durch den jüngsten Anschlag am Flughafen von Istanbul, bei dem Ende Juni 45 Menschen starben, zunächst zunichte gemacht. Vor dem Attentat habe es Anzeichen einer Erholung gegeben. „Danach wurde die Buchungslage wieder schlechter“, heißt es beispielsweise bei Alltours.

Inwieweit der Nachfrage-Boom nach Spanien und anderen Zielen im westlichen Mittelmeer sowie nach Urlaub in Deutschland den Einbruch im Türkei-Geschäft wettmacht, wird sich am Ende der Sommersaison zeigen. „Bisher kann das Minus bei den Buchungen für die Türkei, Ägypten und Tunesien nicht durch die stärkere Nachfrage nach Zielen im westlichen Mittelmeer wie Spanien kompensiert werden“, sagt GfK-Experte Roland Gaßner. Thomas-Cook-Chef Peter Fankhauser hatte sich zuletzt vorsichtig gezeigt: „Wir sind Marktführer für die Türkei-Reisen in Deutschland und Großbritannien“, sagte der Manager bei der Präsentation der Halbjahreszahlen. „Es kann also sein, dass wir etwas stärker leiden als die Wettbewerber.“

Brexit-Votum

Das Pfund schwächelt seit dem Referendum gegenüber Euro und Co.. Für Briten werden Auslandstrips dadurch tendenziell teurer, das könnte ihre Reiselust bremsen. Die Folgen für Tourismuskonzerne mit einem starken Geschäft in Großbritannien wie Tui und Thomas Cook dürften sich jedoch zunächst in Grenzen halten. So buchen beispielsweise 60 Prozent der Tui-Gäste aus Großbritannien All-inclusive-Pakete. Thomas Cook hat die Preise für die kommende Sommersaison für den britischen Markt nach Angaben eines Sprechers bereits festgelegt.

Teurer könnten für britische Touristen allerdings Einkäufe am Urlaubsort werden. „Ob sich dadurch aber die Briten ihre sehr ausgeprägte Reiselust nehmen lassen, darf bezweifelt werden“, sagt Joussen. Sollten die Briten doch genauer aufs Geld schauen müssen, dürfte das nach Einschätzung der Tui vor allem die Reisebranche auf den Balearen und den Kanaren, in Griechenland, der Türkei und in der Karibik zu spüren bekommen. Dorthin flögen die Briten bisher am liebsten.

Touristensteuer

Seit 1. Juli müssen Urlauber auf Mallorca tiefer in die Tasche greifen. Auf der beliebten spanischen Ferieninsel und auch auf den restlichen Balearen wurde eine Touristensteuer eingeführt. Hotels und andere Ferienunterkünfte verlangen von ihren Gästen pro Person und Nacht bis zu zwei Euro. Zusätzlich werden zehn Prozent Mehrwertsteuer erhoben. Aktuell erwartet die Branche allerdings keine Auswirkungen, denn die Nachfrage nach Spanien boomt. Aus Sorge vor Anschlägen in der Türkei oder anderen Reiseregionen im östlichen Mittelmeer setzen viele Urlauber auf Spanien - das ohnehin bei Bundesbürgern beliebteste Auslandsreiseziel. „Wir könnten auf Mallorca derzeit doppelt so viele Betten verkaufen, wie wir anbieten“, sagt der Alltours-Sprecher.