Unterm Fernsehturm hat sich ein Homosexuellen-Sextreff entwickelt. Die unappetitliche Folge: massenhaft Pariser, Tücher und weiterer Müll im Wald. Mitglieder der SPD queer haben nun aufgeräumt – als Mahnung an die Szene und Forderung an die Stadt.

Stuttgart - Ein benutztes Kondom, dekorativ über einen dürren, waagerecht stehenden Zweig gezogen. Unmittelbar auf Augenhöhe hat jemand den Nadelbaum nach getanem Akt mit seinem Präservativ geschmückt. Ein paar Bäume weiter sind gleich mehrere Gummis zwischen Rinde und Ranken gestopft worden. Auf dem Boden: Pariser und jede Menge Verpackungen, Taschentücher, Gleitgel- und Bierflaschen, außerdem zahlreiche Stummel von Zigaretten. Ganz offensichtlich herrscht ein reger Verkehr im Wald zwischen Guts-Muths- und Georgiiweg sowie der Kirchheimer Straße. Wohl entlang der Trampelpfade schlagen sich die Paare in die Büsche.

 

In der homosexuellen Szene ist die Waldau längst als Treff bekannt. Laut Fatih Ceylan (25), dem Vize-Landesvorsitzenden der SPD queer – der 80-köpfigen Regenbogen-Community in der Partei – und Vorsitzenden der Stuttgarter Gruppe, hat sich die Situation während der Phase, in der der Fernsehturm geschlossen hatte, zugespitzt. Auch weil der Schlosspark seit der Stuttgart-21-Baustelle nur noch äußerst eingeschränkt zur Verfügung steht. Je nach Wetter und Tag könnten es 50 bis 100 Männer sein, die sich nachts nach kurzem Augenkontakt ins Unterholz folgen. Nicht nur Liebeshungrige wissen vom Treff, auch Ordnungsamt und Polizei. „Es wird geduldet“, glaubt Alexander Prinz (29). Er und fünf weitere SPD-queer-Nahestehende haben sich am Sonntag getroffen, um mit Zangen und Handschuhen den Dreck wegzumachen. Zum einen ärgern sie sich über die Naturverschmutzung. „Es ist schade um den schönen Wald“, findet Leonhard Ströber (57), zumal Kondome und Tücher nicht nur unästhetisch, sondern auch unhygienisch seien.

30 Liter Müll gesammelt

Außerdem stellt Steffen Schaffner (34) klar: „Wir wollen vermeiden, dass hier das gleiche passiert wie in Kirchentellinsfurt.“ Am Baggersee sei ein FKK-Treff mittels Security zurückgedrängt worden, weil sich Probleme gehäuft hätten. Die Szene schneide sich mit den Hinterlassenschaften also ins eigene Fleisch.

Bereits Ende 2016 hatte Laura Halding-Hoppenheit, Stadträtin und Ikone der Regenbogen-Community, bei Facebook zu mehr Verantwortung aufgerufen. Gefruchtet hat’s nicht.

Die eklige Bilanz am Sonntag: Nach nur zehn Minuten haben die Freiwilligen um die 30 Liter Müll aufgelesen. Mit der Putzete wollen sie die Szene aufrütteln. Zudem verbinden sie damit die Forderung an die Stadt, Mülleimer entlang der Waldwege aufzustellen. Davon würden in ihren Augen nämlich alle profitieren, die sich unterm Fernsehturm aufhalten.