In Putzmitteln stecken oft zahlreiche Chemikalien. Wer Fensterreiniger, Weichspüler und Allesreiniger selbst herstellt, vermeidet unnötige Schadstoffe – und spart dazu noch Geld.

Stuttgart - Es zischt und schäumt in der Schüssel, als das Natron mit der Essigessenz reagiert. Nur löffelweise darf man das weiße Pulver in die Flüssigkeit geben, sonst schäumt die Mischung über. Das ist die erste Erkenntnis am Tag eines Putzmarathons mit eigenhändig hergestellten Putzmitteln: Die Küche ist zum Minichemielabor geworden. Zumindest sieht es so aus wie eines. Dabei möchte wer selbst Fensterreiniger, Weichspüler und Allesreiniger anmischt, ja gerade eines: unnötige Schadstoffe vermeiden.

 

Putzmittel zu Hause herstellen – was in der heutigen Zeit eher seltsam klingt, war für unsere Großeltern Normalität. Natron, Backsoda, Essig, Zitronensäure und Kernseife hießen ihre stillen Helferlein. Auf diese Mittel greift auch die Autorin und Bloggerin Tatiana Warchola zurück. In ihrem Buch „DIY Putzmittel – natürlich sauber“ stellt sie Rezepte für verschiedene Reiniger vor; vom Waschmittel bis zur Möbelpolitur.

Was sie dazu gebracht hat? Die Geburt ihrer Tochter war für Tatiana Warchola so etwas wie ein Weckruf, wie sie auf ihrem Blog „Natürlich Mama“ schreibt: „Auf einmal war ich praktisch dazu gezwungen, mich mit meiner Ernährung und Gesundheit auseinanderzusetzen.“ Dazu gehörte auch das Thema Putzen.

„Selbst hergestellte Reiniger schonen die Umwelt und sind preiswert“

Selbst gemachte Putzmittel kommen meist mit wenigen, unbedenklichen Zutaten aus. Vor allem für Menschen mit Hautkrankheiten wie etwa Neurodermitis, aber auch für Familien mit Kindern stellen sie daher eine sinnvolle Alternative zu aggressiven Produkten aus dem Supermarkt dar. „Das Wohnklima verbessert sich durch den Verzicht auf chemische Reinigungsmittel, allergische Reaktionen und Hautschädigungen beim Putzen werden gemildert“, sagt auch die Autorin Inés Hermann. In ihrem Buch „Grüner Putzen – natürliche Reinigungsmittel“ schreibt sie: „Selbst hergestellte Reiniger schonen nicht nur die Umwelt, sie sind auch preiswerter und reinigen zuverlässig.“

Für ihren Rhabarber-Fliesenreiniger zum Beispiel braucht man einige zerkleinerte Rhabarberblätter, einen Liter Wasser, zehn Gramm Ethanol, zehn Gramm Betain (ein aus Kokos- und Palmkernfettsäuren gewonnenes Tensid) und fünf Tropfen ätherisches Öl. Die Rhabarberblätter lässt man einen Tag lang stehen, kocht sie dann auf und lässt sie zehn Minuten köcheln. Den Sud seiht man durch ein Sieb ab, lässt ihn abkühlen. Anschließend füllt man ihn mit den übrigen Zutaten in eine Sprühflasche und schüttelt diese nochmals vor der Anwendung.

Natron, Essigessenz und ätherische Öle: mehr braucht es nicht

Etwas unkomplizierter und deshalb auch für Einsteiger im Bereich Do it yourself (DIY, „Mach es selbst“) geeignet sind die Rezepte von Tatiana Warchola. Für sechs verschiedene Reiniger genügen eine 250-Gramm-Packung Natron und eine kleine Flasche Essigessenz aus dem Supermarkt sowie drei ätherische Öle (Limone, Orange und Zitrone) aus dem Drogeriemarkt. Die Kosten für alle Zutaten liegen bei rund neun Euro. Mit je zwei Euro pro Flasche sind die ätherischen Öle am teuersten. Auf Dauer rechnet sich die Investition jedoch: Die Putzmittel-Mischungen reichen für mehr als eine Anwendung. Und bis die Öle aufgebraucht sind, dauert es sehr lange. „Ätherische Öle sollten mit Vorsicht verwendet werden“, rät Tatiana Warchola. „Sie sind hochkonzentriert und haben eine starke Wirkung.“

20 Tropfen Limonenöl vermischt man für eine Weichspülermischung mit acht Tassen Wasser, sechs Tassen Essigessenz und einer Tasse Natron. In einer Salatschüssel gelingt das erste Rezept schnell – auch wenn es dabei heftig schäumt. Die Reaktion des Abflussreinigers ist später keine Überraschung mehr: Nachdem man erst eine Zitronenöl-Natron-Mischung in den Abfluss geleert und dann Essigessenz hinterhergeschüttet hat, blubbert Schaum aus dem Abflussrohr.

Die Schaumreste im Waschbecken werden eine halbe Stunde später mit heißem Wasser weggespült – und siehe da: Der Abfluss ist wieder frei. Der aus nur drei Zutaten zusammengesetzte Reiniger kann mit chemischen Produkten durchaus mithalten; zumindest im Badezimmer-Waschbecken.

Die persönliche Schmerzgrenze ist erreicht

Auch der Allesreiniger – bestehend aus Wasser, Essigessenz, Natron und einigen Tropfen ätherischem Zitronenöl – stellt im Badezimmer zufrieden. Nur im Bereich der Armaturen muss etwas kräftiger geschrubbt werden – gegen Seifenreste kommt das Putzmittel nicht so leicht an. Allein der Toilettenreiniger überzeugt nicht. Trotz mehrerer Tropfen ätherischen Limonenöls riecht das Toilettenwasser muffig und schimmert ölig. Die persönliche Schmerzgrenze ist erreicht, der herkömmliche Reiniger muss ran.

Das ist die zweite Erkenntnis des Tages: Wer herkömmliche chemische Putzmittel gewohnt ist, wird sich mit der Umstellung auf selbst hergestellte Reiniger aus natürlichen Bestandteilen zumindest anfangs schwertun. Die Mittel schäumen nicht beim Auftragen, sie riechen – wenn überhaupt – nur dezent nach ätherischen Ölen. Zudem können sie bei offenen Wunden auf der Haut trotz aller Natürlichkeit schmerzen: Essigessenz brennt an solchen Stellen.

Da Essigessenz und Natron die Atemwege reizen können, ist generell Vorsicht geboten. Eine Schutzbrille, Handschuhe und ein feuchtes Tuch um den Mund sowie Lüften können helfen. Darüber hinaus sollte man vor dem Putzen erst an einer unauffälligen Stelle testen, ob die Oberfläche den Reiniger verträgt. Lackierte Flächen, Kunststoffe und Naturstein reagieren oft empfindlich.

Auch auf dem Marmor-Fenstersims bleibt nach dem Fensterputzen an diesem Nachmittag ein kleiner, dunkler Fleck dort, wo die Mischung aus Wasser, Essigessenz und ätherischem Zitronenöl heruntergetropft ist. Insgesamt aber kann sich das Ergebnis nach drei Stunden Mischen, Zischen, Wischen durchaus sehen lassen.

So schädlich sind herkömmliche Reiniger

Chemikalien: Herkömmliche Putzmittel enthalten oft eine ganze Reihe von Chemikalien. Mehr als 1,3 Millionen Tonnen Wasch- und Reinigungsmittel werden dem Umweltbundesamt (UBA) zufolge jedes Jahr in Deutschland verkauft. Sie enthalten etwa Tenside, Phosphate, Duftstoffe, Enzyme, Phosphonate, optische Aufheller, Silikone. Rund 630 000 Tonnen Chemikalien aus Wasch- und Reinigungsmitteln enden jährlich im Abwasser und belasten die Umwelt.

Keime: Beim Putzen kommt der Anwender direkt mit den Reinigern und den in ihnen enthaltenen Chemikalien in Kontakt. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen rät daher vom Hausgebrauch starker Desinfektionsmittel oder Anti-Keim-Putzmittel ab: „Beide bekämpfen nicht nur Keime, die krank machen, sondern auch gesundheitlich unbedenkliche. Letztere sind aber gut für den normal gesunden Menschen: Sie stärken die Abwehrkräfte.“