Quantencomputer nutzen die Besonderheiten der kleinsten physikalischen Teilchen aus, um besonders schnell zu rechnen. Erste Rechner dieses Typs sind schon auf dem Markt. Halten sie, was die Hersteller versprechen? Wissenschaftler haben das überprüft.

Stuttgart - Google und die Nasa haben sich einen gekauft: einen Quantencomputer der kanadischen Firma D-Wave-Systems. Sie haben mit der Zehn-Millionen-Dollar-Investition darauf gewettet, dass die Maschine dank der Gesetze der Quantenphysik bestimmte Aufgaben deutlich schneller löst, als es herkömmliche Computerchips schaffen. Beim bisher fairsten Wettrechnen zwischen dem D-Wave-Computer und einem normalen Rechner gelang dies nun aber nicht, wie Forscher der ETH Zürich und Google im Wissenschaftsmagazin „Science“ berichten.

 

Besonders fix löse der D-Wave-Quantencomputer sogenannte Optimierungsprobleme, behauptet der Hersteller. Dabei geht es darum, aus einer riesigen Menge von möglichen Lösungen die Beste herauszufinden. So hat ein Handlungsreisender, der auf einer Tour die 15 größten deutschen Städte besuchen will, die Wahl zwischen fast 50 Millionen möglichen Reiserouten. Das Problem mit klassischen Rechnern: die nötige Rechenzeit schießt unverhältnismäßig in die Höhe, wenn sich das Problem vergrößert, wenn es statt 15 Städte doch 30 sind. Sie finden die Lösung dann nicht in angemessener Zeit. Die Nasa steht etwa bei der logistischen Planung von komplexen Raumfahrtmissionen vor diesem Dilemma. Google will hingegen Software für Bildersuche oder für Spracherkennung optimieren und hofft dabei auch auf Schützenhilfe aus der Quantenphysik.

Im Kern besteht der D-Wave-Quantencomputer aus rund 500 supraleitenden Leiterschleifen, in denen Strom links oder rechts herum fließen kann, was ein Bit Information codiert. Die Schleifen beeinflussen sich gegenseitig, wobei sich die Stärke dieser Wechselwirkung regeln lässt. Ein Optimierungsproblem lässt sich durch ein Muster unterschiedlich starker Wechselwirkungen darstellen, und die optimale Lösung entspricht dem Muster mit der geringsten Gesamtenergie. Vergleichen lässt sich das mit einer Kugel, die durch eine Gebirgslandschaft rollt: das Optimum ist gefunden, wenn sie den tiefsten Punkt erreicht hat und sich nicht mehr bewegt.

Die richtigen Quantencomputer kommen erst noch

Der D-Wave-Rechner soll ein Phänomen aus der Quantenphysik für erhöhtes Rechentempo nutzen: den Tunneleffekt. Ein Quantenobjekt kann eine Barriere auch dann überwinden, wenn seine Energie dafür nicht ausreicht. Bildlich gesprochen gelangt es in einem Gebirge durch Tunneln schnell zum tiefsten Punkt. So sollen sich auch hochkomplexe Optimierungen in einer abwartbaren Zeit lösen.

Bei vorhergehenden Tests rechnete der D-Wave-Rechner bis zu 50 000 Mal schneller als herkömmliche Rechner. Kritisiert wurde aber, dass die normalen Rechner nicht mit der bestmöglichen Software antraten. Matthias Troyer und sein Team haben nun diese Waffenungleichheit beseitigt, zumindest für eine Klasse von relativ einfachen Optimierungsproblemen. Jetzt schnitten Quantencomputer und klassischer Rechner etwa gleich gut ab. Es gebe aber noch ungetestete Klassen von Optimierungsproblemen, wo sich die Quanten-Beschleunigung zeigen könnte, relativiert Troyer. Es könne auch sein, dass Verbesserungen an der D-Wave-Maschine das erwartete Tempo erreichen lassen.

Nicht verwechselt werden sollte der Quantencomputer von D-Wave-Systems mit jenen noch im Laborstadium befindlichen Quantencomputern, die eines Tages zu einem IT-Sicherheitsdesaster werden könnten. Diese nutzen andere Quanteneffekte. Sie speichern Rechenwerte in einzelnen Atomen, Elektronen oder Lichtteilchen. Die Quantenphysik erlaubt es diesen Quantenobjekten, eine Vielzahl von Werten parallel zu verarbeiten und somit alle möglichen Lösungswege simultan zu testen. Dadurch lässt sich ein Problem schnell lösen, für das klassische Rechner Jahrmillionen brauchen: das Zerlegen einer sehr großen Zahl in ihre Primfaktoren.

Weil diese Nuss so schwer zu knacken ist, wird die Multiplikation zweier Primzahlen für Verschlüsselungen im Internet benutzt. Denn zumEntschlüsseln wäre umgekehrt die Primfaktorenzerlegung nötig. Für einen Quantencomputer hingegen wären derart verschlüsselte Datensätze ein offenes Buch. Zwar gibt es schon Laborprototypen solcher Rechner, die kleine Zahlen in Primfaktoren zerlegen können. Doch sie lassen sich nicht ohne Weiteres zu leistungsfähigen Quantenrechnern ausbauen. Das wird nach Expertenmeinung noch Jahrzehnte dauern.