Einst verschmäht, jetzt begehrt: Mit dem Quartier im Zentrum Stuttgarts haben sich auch die Erwartungen und Aufgaben des Hospitalviertelvereins gewandelt.

S-Mitte - Kaum ein Quartier wird so regelmäßig mit Lob überschüttet wie das Hospitalviertel. Die Entwicklung, mehr aber die Art und Weise durch Bürgerbeteiligung wird gerne zum Vorbild genommen. Die wichtigste Rolle dabei spielt ohne Zweifel der Verein Forum Hospitalviertel und dessen Vorsitzender Eberhard Schwarz. Der evangelische Pfarrer der Hospitalkirche hat als Spiritus Rector des Vereins die Arbeit in der Vergangenheit wesentlich vorangetrieben.

 

„Das Viertel hat eine rasante Veränderung erlebt“, attestierte auch Martin Holch vom Stadtplanungsamt beim Neujahrsempfang des Vereins im CVJW-Haus. Zuvor sei das Viertel nur mehr ein Büro- und Verwaltungsviertel mit Parkplatz gewesen, nun eine der begehrtesten Wohnlagen in der Stadt. „Das Forum hat eine Dynamik erschaffen“, lobt Holch, „hier klappt die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Ehrenamt vorbildlich. Es ist wie eine Matrix für andere Viertel, ein Modell, wie es funktionieren kann.“

Wem gehört die Stadt?

Aber das Lob des Stadtplaners war nicht frei von einer Warnung: Trotz der deutlichen Belebung des Viertels habe noch keine extreme Kommerzialisierung Einzug gehalten. Martin Holch betonte dabei das Wörtchen „noch“ besonders. Denn nun sei das Hospitalviertel an einem Punkt angekommen, wo man solche Tendenzen vom Schreibtisch der Verwaltung nur noch bedingt steuern könne: „Wir müssen daher aufpassen.“ Man müsse sich immer zu die Frage stellen: „Wem gehört die Stadt?“ Oder auf das Quartier übertragen: Quo vadis, Hospitalviertel?

Diese Frage muss sich auch der Verein selbst stellen. Durch die äußeren Veränderungen getrieben hat sich das Forum beinahe zu einem Dienstleister entwickelt. Augenscheinlich wird dies durch eine Personalie. „Eine der größten Veränderungen, die unseren Verein im vergangenen Jahr erlebt hat, das ist die Ankunft von Silvia Korkmaz als Leiterin unserer Geschäftsstelle in der Hospitalstraße“, sagt Eberhard Schwarz. Dort, wo sie auftauchte, „da gibt es Bewegung, da entsteht Engagement, da wird man im besten Sinne des Wortes herausgefordert, ins Gespräch gebracht, als Mensch und als Mitbürgerinnen und Mitbürger wahrgenommen und angesprochen. Kurz: da bewegen sich die Dinge.“

Silvia Korkmaz startet mit Elan

Tatsächlich macht Korkmaz mehr, als nur eine Geschäftsstelle zu verwalten. Genau genommen übernimmt sie klassische Aufgaben eines Quartiersmanagers, sie betreibt Stadtteilmarketing auf kleiner Flamme. Auch das neue Marketingkonzept ist so entstanden. Nicht durch eine teure Agentur, sondern durch Schüler der Cotta-Schule. Am Ergebnis, so Silvia Korkmaz, ändere das nichts: „Die Schüler haben großartige Arbeit geleistet.“

Auf dieser Grundlage will der Verein nun weiter wachsen, Profil und weitere Mitglieder gewinnen, um durch deren Mitgliedsbeiträge noch schlagkräftiger werden zu können. Alleine im vergangen Jahr konnte die Teilzeitkraft Korkmaz sieben neue Mitglieder gewinnen. „Mit mehr Mitgliedern könnten wir mehr Veranstaltungen machen und noch bessere Netzwerkarbeit leisten“, sagt Silvia Korkmaz.

Bisher hängt der Verein jedoch stark am Zuschuss-Tropf der Stadt. „Wir sind sehr froh, dass wir nach den aktuellen Beschlüssen des Doppelhaushalts 2018/2019 erneut von städtischer Seite eine Förderung unserer Arbeit rechnen dürfen“, sagt Eberhard Schwarz, „das ermöglicht es uns, einen Teil unserer Arbeit zu finanzieren. Den Rest versuchen wir durch Spenden und durch Sponsoring zu tragen.“ Für ihn wäre es daher wie ein Sechser im Lotto, wenn der Gemeinderat den Zuschuss dauerhaft im Haushalt unterbringen würde.

Für den Hospitalviertel-Verein geht es nun darum, das Neue zu wagen, ohne seine Wurzeln zu kappen. „Wir befinden uns tatsächlich in einem Wandel. Wir haben das Viertel nach vorne gebracht und stehen vor neuen Herausforderungen“, bestätigt die stellvertretende Vorstandsvorsitzende Margarete Müller, „es ist ein Spagat zwischen Vereinsarbeit und Quartiersmanagement.“ Die Zukunft soll zeigen, wohin das Viertel und der Verein steuern. Ganz unabhängig von den Strukturen steht für Eberhard Schwarz die Kernarbeit fest: „Wir leisten weiterhin alle einen Beitrag für das Gemeinwohl unserer Stadt, für die Lebenskultur in der Stadtmitte, für ein verantwortliches Mitgestalten des sozialen Lebens, des öffentlichen Raums, der Begegnung Kultur und vieler anderer Dinge.“