Heslach und Ostheim sollen Modellstadtteile werden. Für die beiden Quartiere werden Konzepte entwickelt, die verstärkt die Bedürfnisse Älterer berücksichtigen.

S-Süd/S-Ost - Heslach ist zwar längst nicht der problematischste Stadtteil in Stuttgart. Mit einem hohen Anteil an Sozialhilfeempfängern, überdurchschnittlich vielen älteren Menschen und einer hohen Zahl von Kindern ist das Armutsrisiko dort jedoch vergleichsweise hoch. Diese Kriterien erfüllen auch der Ost-Stadtteil Ostheim und die Neckarvorstadt in Bad Cannstatt. Für alle drei Stadtteile will das Sozialamt nun Quartierskonzepte entwickeln. Diese haben vorrangig zum Ziel, Initiativen für eine gelungene Teilhabe älterer Menschen am öffentlichen Leben zu entwickeln, wollen aber gleichzeitig die Bedürfnisse von allen Bevölkerungsgruppen berücksichtigen.

 

Alexander Gunsilius von der Stabsstelle Sozialplanung des Sozialamts stellte die Idee der Quartierskonzepte diese Woche erstmals in der Sitzung des Bezirksbeirat Süd vor und erhielt durchweg positive Resonanz. „Gefühlsmäßig möchte man sich erst mal wegducken, wenn es um das Leben im Alter geht. Weil das aber falsch ist, stellen wir uns dem Thema“, sagte Rupert Kellermann, der Bezirksvorsteher von Süd.

Hoher Anteil an stationär Pflegebedürftigen

Wie ein Quartierskonzept für Heslach aussehen könnte, das wollen das Sozialamt, der Bezirksbeirat und der Stadtseniorenrat mit ausgewählten Vertretern von Vereinen und Institutionen im Juli diskutieren. Dabei wird es auch darum gehen, ob es ausreichend Pflegeplätze für den wachsenden, älteren Bevölkerungsanteil in Heslach gibt, und ob diejenigen, die selbstständig zuhause leben möchten, ausreichend Unterstützungsangebote haben. In Stuttgart als prosperierendem Wirtschaftszentrum leben zwar mehr jüngere Menschen, doch ist der Anteil der stationär gepflegten Menschen mit 43 Prozent der Pflegebedürftigen überdurchschnittlich hoch. „Uns geht es darum das Alter nicht als Defizit zu betrachten, sondern Partizipation zu ermöglichen“, erklärte Gunsilius die Grundannahme bei der Erarbeitung der Quartierskonzepte.

Die Ergebnisse der Diskussion in Heslach werden dem Sozial- und Gesundheitsausschuss des Gemeinderats am 23. Juli präsentiert. Dort entscheiden die Stadträte darüber, ob die Quartierskonzepte in den vom Sozialamt vorgeschlagenen Stadtteilen oder anderswo umgesetzt werden. Die drei Modellstadtteile sollen jeweils 7000 Euro für das Projekt bekommen. Für Heslach spricht aus Sicht von Alexander Gunsilius, dass es dort bereits viele Institutionen und Menschen gibt, die sich intensiv mit dem Thema befassen – also Strukturen vorhanden sind, auf denen das Quartierskonzept aufbauen kann.

Ein Experiment – auch für das Sozialamt

In Stuttgart-Ost gibt es gleich mehrere Problem-Stadtteile oder Quartiere, die für solche Quartierskonzepte in Frage kommen. Dazu gehören im Stadtteil Berg vor allem das Baur-Areal, über das der Bezirksbeirat Ost in seiner Sitzung am Mittwochabend diskutiert hat (siehe Seite IV), das Quartier Raitelsberg im Stadtteil Ostheim, das schon lange als Problemviertel gilt, und auch der Stadtteil Stöckach.

Ursprünglich war geplant gewesen, dass Alexander Gunsilius die Idee für die Quartierskonzepte in der Sitzung am Mittwoch vorstellt und ganz konkret auf die Grundlagen eines Quartierskonzepts für Raitelsberg eingeht. Allerdings musste der Bezirksvorsteher Martin Körner das Thema wieder von der Tagesordnung nehmen, weil die Sitzung sonst zu lange gedauert hätte. Jetzt soll das Thema in der ersten Sitzung nach der Sommerpause diskutiert werden. Dass gerade im Quartier Raitelsberg Bedarf für ein solches Konzept besteht, dürfte für die Bezirksbeiräte außer Frage stehen. Dort werden seit Jahren immer wieder eine Verbesserung der Wohnqualität und des Wohnumfelds sowie eine bessere soziale Durchmischung gefordert.

„Die Quartierskonzepte sind nicht die Lösung, mit der wir künftig alle Probleme bewältigen können, sondern ein Baustein dafür“, betonte Gunsilius im Bezirksbeirat Süd ausdrücklich. Das ganze sei ein Experiment, auch für das Sozialamt.