Seit vergangenem Sommer war die Stuttgarter Aids-Hilfe ohne Geschäftsführung. Nun hat eine Doppelspitze übernommen. Der Verein sucht den Schulterschluss zur Community. Bei einem Treffen ging es auch um eine Entschuldigung.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Die Zeiten, in denen auf der Webseite der Aids-Hilfe Stuttgart bei der Geschäftsführung N. N. stand, sind vorbei: Seit dem 1. April führt eine Doppelspitze die Geschäfte. Der Vorstand hat dem Ökonomen Bernd Skobowsky, der zuvor in der Verwaltung des Vereins tätig war, und dem Kindheitspädagogogen Felix Mohrs, der vier Jahre für die Stuttgarter Aids-Hilfe gearbeitet hatte, die Aufgabe übertragen. Man sei mit dem „Blick nach vorne“ in das Jahr 2023 gestartet, heißt es in einer Pressemitteilung des Vereinsvorstands.

 

Das Jahr 2022 war kein leichtes Jahr für den Verein. Ende Juli hatte die fristlose Kündigung des langjährigen Geschäftsführers kurz vor der großen Parade des Christopher-Street-Days (CSD) Wirbel verursacht. Im November sahen sich die Parteien vor dem Arbeitsgericht wieder. Man einigte sich auf „eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Aufgabe des eigenen Rechts- oder Tatsachenstandpunkts“, wie der Vorstand im Anschluss verkündete.

Eine Entschuldigung wurde offiziell ausgesprochen

Die neue Geschäftsführung wurde inzwischen auch Vertreterinnen und Vertretern aus der queeren Community und der Stadt vorgestellt. „Dieses Zusammenkommen wurde unter anderem genutzt, um eine Entschuldigung offiziell auszusprechen und ein Zeichen zu setzen, die Zukunft partizipativ und transparent gestalten zu wollen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Aids-Hilfe. Das Miteinander „Seite an Seite“ soll wieder im Vordergrund stehen. Denn das Miteinander hatte in der Vergangenheit gelitten. Dem alten Geschäftsführer, der 16 Jahre lang im Amt gewesen war, war ein großer Personalverschleiß und unangemessenes Verhalten vorgeworfen worden. Unter seiner Ägide sollen viele auch langjährige Mitglieder der Aids-Hilfe den Rücken gekehrt haben.

„Es gibt viel aufzuarbeiten“, so Tanja Hoyer aus dem Vorstand der Aids-Hilfe. In den vergangenen Jahren seien Kooperationen mit Teilen der Stuttgarter Community und Verbindungen mit Kooperationspartnern auf eine harte Probe gestellt worden. Nach der Trennung vom ehemaligen Geschäftsführer habe die Klärung „entstandener Missstände“ angestanden. „Unsere Türen sollen stets geöffnet sein“, verspricht nun der neue Geschäftsführer Felix Mohrs, sein Kollege schwärmt vom „Pioniergeist“, der seit Monaten zu spüren sei. Vom Profil her ergänzten sie sich perfekt, er sei der Ökonom, Mohrs der Pädagoge. Und auch in der Community werden die Entwicklungen bei der Aids-Hilfe in den vergangenen Monaten offenkundig positiv gesehen.

Lob kommt von einem Stuttgarter Schwerpunktarzt, der Aids-Hilfe Baden-Württemberg, aber auch von der Interessengemeinschaft CSD. Mit der Besetzung der Doppelspitze seien „die Weichen für eine gute Zusammenarbeit gestellt“ worden, so Detlef Raasch von der IG. Beim Zentrum Weissenburg freut man sich „auf die Fortführung“ der Arbeit „auf Augenhöhe“. Mit dem Zentrum kooperiert die Aids-Hilfe beim Projekt Regenbogenhaus.

Pläne im zukünftigen Regenbogenhaus

So ist geplant, dass der Verein dort Räume für HIV-Tests erhalten soll. Das Regenbogenhaus gibt es aber noch nicht. Bis zur Verwirklichung will man auf einen „Pop-up-Checkpoint“, ein dauerhaftes niedrigschwelliges Testangebot, am Standort der Aids-Hilfe an der Johannesstraße setzen. Dieses soll in rund acht Wochen starten. Geld vom Land machte es möglich, so Skobowski.