Die Filder sind im Umbruch. Die früheren Bauerndörfer wandeln sich fast schon in kleine Städte. In einer Serie beleuchten wir die Entwicklung einzelner Quartiere. Diesmal: Bonlanden.

Bonlanden - Ein Schmuckkästchen: So bezeichneten Bürger den Filderstädter Stadtteil Bonlanden, als sie vor einigen Jahren das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) erarbeiteten. Auch Oberbürgermeister Christoph Traub schließt sich dieser Einschätzung an. „Bonlanden hat den schönsten Ortskern aller Filderstädter Stadtteile“, sagt er. Und der hat seinen Ursprung in einer Burg, auf der im 13. Jahrhundert der Ritter Wolfelin von Bonlanden lebte und der gleichzeitig für die erste Erwähnung des Ortes verantwortlich ist. Auf den Ruinen der Burg wurde im 15. Jahrhundert das Pfarrhaus gebaut, gegenüber die Georgskirche, deren 1330 entstandenes gotisches Kruzifix das älteste Kunstwerk Filderstadts ist. Drumherum entstanden im Laufe der Zeit immer mehr Häuser.

 

Es wurde jedoch unterschieden zwischen dem Oberdorf mit reichen Bauern und dem Unterdorf im Bombachtal, wo eher ärmere Bauern, Handwerker und Arbeiter lebten. Die organisierten sich wie in vielen anderen Orten Ende des 19. Jahrhunderts in Vereinen – unter anderem dem Arbeiterverein, einem Vorläufer des SPD-Ortsvereins. Dass man eher links orientiert war, zeigt sich bei den Reichstagswahlen 1933, bei denen die NSDAP mit 23 Prozent das schlechteste Ergebnis auf den Fildern erzielte.

Die 1970er Jahre waren eine Zeit der Visionen

Direkt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kamen 817 Heimatvertriebene aus Osteuropa, gründeten eine Selbsthilfe-Siedlergenossenschaft und wurden im Ort heimisch. In den 1960er-Jahren wuchs der zweitgrößte Filderstädter Stadtteil weiter rasant. Unternehmen wie Morat sowie Herma – das seine Zukunft auch noch heute in Bonlanden sieht und in den kommenden Jahren kräftig expandieren will – siedelten sich an und wurden wichtiger Arbeitgeber. Nun begannen Jahre, die von manchen als „Goldene Zeit“ betrachtet werden, wie der Stadtarchivar Nikolaus Back sagt.

Und die sind eng mit dem Namen des damaligen Bürgermeisters Fridhardt Pascher verbunden. Er forcierte dem damaligen Zeitgeist entsprechend den Bau der Hochhäuser im Vogelsang, legte den Grundstein für das Fildorado und war der Geburtshelfer der allerdings zu 95 Prozent auf Plattenhardter Markung liegenden Filderklinik, die mit ihrer Ausrichtung das anthroposophische Gedankengut in den Ort brachte – was sich auch im Alltag widerspiegelte.

Dass Bad und Schulgelände zwischen Bonlanden und Plattenhardt gebaut wurden, ist kein Zufall. Denn das Seefälle-Areal, wo es bis 1836 einen See gab, sollte Mittelpunkt einer Achse Bonlanden – Plattenhardt werden, die beiden Orte sollten zusammenwachsen und letztlich 60 000 Einwohnern Heimat werden, so die Ende der 1950er Jahre vorgestellten Pläne für eine Trabantenstadt. „Sogar an einen S-Bahnhalt wurde gedacht“, sagt Back. Auch ein Thermalbad mit einem Park mit See im Bombachtal wurde damals geträumt. „Es war eine Zeit großer Visionen“, so der Stadtarchivar über den Beginn der 1970er-Jahre. Bonlanden wuchs in alle Richtungen, aber nie mit Plattenhardt zusammen. Und das hatte weniger mit der Rivalität der beiden Orte als mit der Stadtplanung nach der Gemeindereform zu tun.

Das Ortszentrum soll weiter attraktiv gestaltet werden

Der von Traub so geschätzte historische Ortskern liegt jedoch ein wenig im Abseits. „Es gibt Menschen, die seit Jahrzehnten in Filderstadt wohnen und noch nie dort waren“, sagt der Oberbürgermeister. Der Bonländer BDS-Vorsitzende Herbert Köhn wünscht sich denn auch eine bessere Verbindung der Marktstraße mit dem Parkplatz auf dem Festplatz sowie dem nahe gelegenen historischen Viertel rund um Kirche, Pfarrhaus und Filderstadtmuseum. „Da muss mehr passieren, und das sehr rasch“, sagt er und fordert, dass die Aufenthaltsqualität im Ortskern gesteigert werden müsste – auch, um den bislang gut funktionierenden Einzelhandel im Ort zu erhalten.

Das ist auch das Ziel der Stadtplaner, deren Ideen sich im räumlichen Leitbild widerspiegeln. „Bonlanden hat als Versorgungszentrum auch für Plattenhardt und Harthausen eine hohe Bedeutung“, sagt Matthias Schneiders. Gleichwohl müsse man am Ball bleiben, damit das Ortszentrum attraktiv bleibe, sogar ausgebaut werden könne, so der Leiter des Stadtplanungsamtes. Denn wenn sich die Spirale einmal ins Negative drehe, sei der Aufwand sehr groß, um diesen Trend zu stoppen. Außerdem müsse man darauf achten, dass im historischen Bereich keine weiteren Häuser verfallen. „Die Stadt kann selbst natürlich nur bis zu einem gewissen Punkt die Rahmenbedingungen schaffen“ ergänzt er.

Das idyllische Bombachtal lädt zu Spaziergängen ein

Im Gewerbegebiet im Osten des Ortes schlägt das wirtschaftliche Herz des Ortes. Hier haben sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zahlreiche Unternehmen angesiedelt. Die Spanne reicht von Handwerksbetrieben bis hin zu Weltkonzernen wie Boss und Herma. Folgt man dem räumlichen Leitbild, könnten hier zwischen dem Ortstrand und der B27 weitere Gewerbegebiete ausgewiesen werden – allerdings auf Kosten landwirtschaftlicher Flächen. „Wichtig ist, dass man sich als Stadt Gedanken darüber macht, wie man sich in Richtung B27 präsentiert“, denkt Schneiders an das Image der Kommune. Der Standort wäre ideal an das überörtliche Straßennetz angebunden, Autos und Lastwagen könnten die Firmen erreichen, ohne sich durch die Orte quälen zu müssen. Allerdings ist der Knoten an der B27, die sogenannte Schinderbuckelkreuzung, nach Ansicht Traubs an seiner Belastungsgrenze angekommen. „Wir werben für eine weitere Anschlussstelle in Richtung Aichtal“, sagt Traub.

Neben der Innenentwicklung macht man sich auch Gedanken über ein neues Wohngebiet im Norden des Ortes. Das kürzlich aufgestellte räumliche Leitbild bescheinigt Bonlanden ein großes Wohnflächenpotenzial. „Bei der Flächennutzungsplanung wird über neue Wohngebiete gesprochen werden“, so das Ziel Traubs. „Die grüne Achse zwischen Plattenhardt und Bonlanden soll aber erhalten bleiben“, ergänzt Schneiders.

Bonlanden ist als Wohnort mit seinen Geschäften und Dienstleistern sehr beliebt, der Freizeitwert sehr hoch. Das Spaßbad Fildorado als eine der Hauptattraktionen ist schnell zu erreichen, auch die Städtische Galerie hat ihre Heimat in Bonlanden. Und das idyllische Bombachtal mit dem pittoresken Hofgut Gutenhalde über dem Tal ist prädestiniert für Spaziergänge in Richtung Schönbuch oder zu Kelter und Uhlberghalde mit dem darüber liegenden Aussichtsturm. Zu dessen Füßen wurde übrigens in der Vergangenheit einmal Wein angebaut – ein Platz für Genießer.