Seit Jahren gibt es Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen R. Kelly, 2008 wurde er in einem Verfahren freigesprochen. Nun muss er sich erneut vor Gericht verantworten.

Chicago - R&B-Star R. Kelly muss sich wegen Vorwürfen des schweren sexuellen Missbrauchs verantworten. Dem Musiker wird zur Last gelegt, sich an vier teils minderjährigen Opfern vergangen zu haben, wie Kim Foxx, Staatsanwältin von Cook County im US-Staat Illinois, am Freitag (Ortszeit) mitteilte.

 

Die mutmaßlichen Übergriffe reichten bis 1998 zurück und seien über mehr als ein Jahrzehnt hinweg verübt worden. Noch am Abend ließ sich R. Kelly in einem dunklen Wagen zu einer Polizeiwache in Chicago fahren, wo er sich stellte und umgehend verhaftet wurde. Für Samstag ist eine Kautionsanhörung bei einem Gericht anberaumt.

Er soll einige Mädchen als Sklaven gehalten haben

Schon seit Jahrzehnten gibt es Vorwürfe gegen den Sänger mit dem bürgerlichen Namen Robert Kelly, wonach er minderjährige Mädchen und Frauen missbraucht und einige praktisch als Sklaven gehalten haben soll. Er hat jegliches sexuelles Verhalten stets zurückgewiesen. Auch im aktuellen Fall bezeichnete sein Anwalt Steve Greenberg ihn als „einen unschuldigen Mann“.

Staatsanwältin Foxx sprach von zehn Fällen von Missbrauch, die dem Grammy-Gewinner vorgeworfen würden. Mindestens drei der Betroffenen seien zum Tatzeitpunkt zwischen 13 und 17 Jahre alt gewesen.

Eine Woche zuvor hatte der prominente Anwalt Michael Avenatti, der auch die Pornodarstellerin Stormy Daniels vertritt, nach eigenen Angaben der Staatsanwaltschaft neue Videobeweise gegen R. Kelly übergeben. Ein 14-jähriges Mädchen, dass in der Aufnahme mit dem Star zu sehen sei, gehöre zu den vier von der Staatsanwaltschaft genannten Opfern, sagte Avenatti am Freitag auf einer Pressekonferenz in Chicago. Das Material zeige zwei Szenen an zwei verschiedenen Tagen im Anwesen Kellys in den späten 1990er Jahren. Sowohl das mutmaßliche Opfer als auch der R&B-Sänger erwähnten darin zehn Mal dessen Alter. Die Videokassette wurde im Laufe von zehn Monate langen Ermittlungen von Avenattis Büro zutagegefördert.

Freispruch für R. Kelly im Jahr 2008

Der Anwalt vertritt in dem Fall nach eigenen Angaben sechs Mandanten, darunter zwei Opfer, zwei Elternpaare und zwei Personen, die „für den Großteil von 25 Jahren zum inneren Zirkel um R. Kelly“ gehört hätten. Die neuen Vorwürfe bezeichnete Avenatti als „einen Wendepunkt“. Er glaube zudem, dass gegen mehr als zehn weitere Personen aus dem Dunstkreis R. Kellys ebenfalls ein Strafverfahren eingeleitet werden sollte: Sie hätten bei Übergriffen geholfen, indem sie Minderjährige herangeschafft und Beweise vertuscht hätten.

Eine Jury hatte R. Kelly 2008 vom Vorwurf der Kinderpornografie freigesprochen. Der Fall rührte von einem drastischen Video, das ihn laut der Staatsanwaltschaft beim Sex mit einem mindestens 13 Jahre alten Mädchen zeigen soll. Der Musiker und das Mädchen bestritten, dass sie in der 27 Minuten langen Aufnahme zu sehen seien - obwohl die Bildqualität gut war und Zeugen aussagten, dass sie es gewesen seien. Das mutmaßliche Opfer trat damals nicht in den Zeugenstand.

Für jeden der Fälle drohen Kelly sieben Jahre Haft

Mit Blick auf das bevorstehende Strafverfahren sagte R. Kellys Anwalt Greenberg über seinen Mandanten: „Er ist außerordentlich enttäuscht und deprimiert. Das erschüttert ihn ins Mark.“ Später betonte er vor Reportern, das eine der Anschuldigungen gegen seinen Mandaten sich offenbar auf den zehn Jahre zurückliegenden Fall um Kinderpornografie bezögen. Das Verfahren habe er aber gewonnen. Daher sie das ein Fall von doppelter Strafverfolgung, womit das Ganze hinfällig wäre. Die Staatsanwaltschaft habe ihre Entscheidung voreilig getroffen, sagte Greenberg. R. Kelly werde von allen Vorwürfen freigesprochen.

Für jeden der zehn Fälle von mutmaßlichem Missbrauch drohen Kelly sieben Jahre Haft.

Der R&B-Sänger wurde mit Hits wie „I Believe I Can Fly“ weltberühmt. Mit seiner Verhaftung bahnt sich ein weiteres Verfahren um sexuelles Fehlverhalten gegen einen Prominenten in der #MeToo-Ära an. Erst im vergangenen Jahr war Entertainer Bill Cosby zu einer Haftstrafe verurteilt worden, der gefallene Hollywood-Produzent Harvey Weinstein wartet auf seinen Prozess.