Ladendiebstahl ist für viele ein Bagatelldelikt. Doch weil gewerbliche Langfinger immer schneller beim Haftrichter landen, häufen sich die Fälle rabiater Gegenwehr, wenn sie erwischt werden.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Die schönen Schuhe im Wert von 250 Euro hatten es ihm angetan. Bezahlen wollte er aber nicht. Und als er erwischt wurde, mochte er sich nicht so einfach festnehmen lassen. Ein 35-Jähriger hat sich in eine lange Reihe rabiater Ladendiebe eingereiht, die in Stuttgart mit hohem Kraftaufwand und auch Blessuren dingfest gemacht werden mussten. Die Schuhe waren es aber nicht wert: Der Mann aus Osteuropa sitzt in Untersuchungshaft.

 

Wie die Polizei mitteilte, spielte sich der Vorfall am Mittwoch gegen 14.25 Uhr bei einem Einzelhändler in der Königstraße in der Innenstadt ab. Der 35-Jährige entfernte die Sicherungstechnik und versuchte sich mit den 250-Euro-Schuhen davonzumachen. Als er von einem Detektiv gestellt wurde, wehrte er sich und versuchte zu flüchten. Allerdings kam er nicht weit. „Der Beschuldigte ist bereits polizeibekannt“, sagt Polizeisprecher Martin Schautz, „daher hat die Staatsanwaltschaft Haftbefehl beantragt.“

Welle der Ladendiebstähle schien abzuebben

Die Welle osteuropäischer Ladendiebe schien abgeebbt zu sein. In der Vergangenheit hatten sich beispielsweise georgische Gruppierungen, zunächst als Wohnungseinbrecher aktiv, auf Ladendiebstähle verlegt, weil sie dadurch weniger starke Sanktionen befürchteten. Bis auch hier gewerbliche Langfinger immer öfter hinter Gittern landeten.

Die Folgen waren im vergangenen Jahr rückläufige Zahlen: 3164 registrierte Ladendiebstähle in Stuttgart bedeuteten einen Rückgang um 250 Fälle. Auch sonst gab es so wenig Diebe wie seit zehn Jahren nicht mehr. Alles entspannt also?

Die Detektive und Mitarbeiter, die es in Läden und Kaufhäusern mit Langfingern zu tun bekommen, können nicht gerade von Entspannung sprechen. Denn aus einem Alltagsdelikt erwächst oft rohe Gewalt. In Ludwigsburg etwa ging ein Verdächtiger mit einer gestohlenen Sektflasche auf einen Wachmann los und entkam.

Mit der Faust voll ins Gesicht

Im April und Mai häufen sich die Gewalttaten. In der Badstraße in Bad Cannstatt stellte ein 42-jähriger Detektiv einen Dieb, der zwei Parfüms mitgehen lassen wollte. Als er den Langfinger ins Büro mitnehmen wollte, wurde er mit einem Faustschlag in den Bauch niedergestreckt. Der Unbekannte rannte nach draußen und demolierte dabei auch noch die Eingangstür des Geschäfts. Brutal ging es auch in einem Drogeriemarkt an der Königstraße zu: Ein 19-Jähriger schlug einem Detektiv mehrfach mit der Faust ins Gesicht, während die 22-jährige Komplizin den Wachmann von hinten umklammerte.

In einem weiteren Ladengeschäft an der Königstraße wollte ein weiterer 19-Jähriger, der beim Diebstahl von Uhren, Jacke und Ladekabel erwischt wurde, auch dann nicht aufgeben, als die Polizei auftauchte. Er verletzte einen 30-jährigen Polizisten – und ging in Haft. Dabei sind die Gewalttäter nicht nur männlich. Bei einem Fall am Dienstag in der Königstraße, wo Kosmetik und Schuhe verschwinden sollten, handelte es sich um eine 29-jährige Frau.