Die Bürgerrechtlerin Rachel Dolezal kämpft als Schwarze seit Jahren für die Rechte von Afroamerikanern. Jetzt machten ihre Eltern publik: Sie ist weiß. Und entfachen damit eine hitzige Debatte über ethnische Identität.
Stuttgart - Schwarz oder Weiß? An der Hautfarbe einer Bürgerrechtlerin hat sich weit über die Grenzen Amerikas hinaus eine hitzige Debatte über ethnische Identität entzündet. Seit Jahren setzt sich Rachel Dolezal (37) für die Belange von Afroamerikanern ein – und gab sich als Schwarze aus. Alles gelogen, behaupteten nun allerdings ihre Eltern. Ihre Tochter sei weiß. Prompt geriet die bekannte Bürgerrechtlerin in Erklärungsnot.
„Die Frage ist nicht so einfach wie es scheint“, sagte Dolezal einem Reporter der US-Zeitung „The Spokesman-Review“ auf die Frage, ob sie nun schwarz oder weiß sei. „Es gibt da viele Komplexitäten. Ich weiß nicht, ob das jeder versteht.“ Dann fügte Dolezal hinzu: „Wir sind alle vom afrikanischen Kontinent.“
Die Künstlerin und Aktivistin ist Präsidentin des Ortverbands der Bürgerrechtsorganisation NAACP im Nordwesten der USA. Außerdem ist sie Mitglied des Polizei-Ombudsrats in Spokane, einer Stadt im US-Staat Washington. An der Eastern Washington University ist die 37-Jährige überdies Professorin für Afrikanische Studien.
Im Rathaus wird geprüft, ob Dolezal gelogen hat
Mehrmals hatte Dolezal rassistische Schmähungen und Drohungen zur Anzeige gebracht, die sie aufgrund ihrer afroamerikanischen Wurzeln erlitten habe. Anfang des Jahres ging nach eigenen Angaben in ihrem Büro ein Hassbrief ein. Die Polizei in Spokane habe ihre Ermittlungen dazu aber inzwischen eingestellt, teilten die Behörden nach der Enthüllung mit.
Und im Rathaus von Spokane prüften Beamte, ob Dolezal gelogen und damit gegen Regeln verstoßen habe, als sie in ihrer Bewerbung für die Ombudsposten auf die Frage nach ihrer ethnischen Herkunft unter anderem afroamerikanisch angab, sagte Bürgermeister David Condon.
Die Affäre nahm ihren Anfang, als Ruthanne Dolezal in ihrem Wohnort Troy im US-Staat Montana diese Woche Reportern ein Interview gab. Die Familie habe tschechische, schwedische, deutsche und indianische Wurzeln. Als sie und ihr Mann vor mehr als zehn Jahren vier Kinder afroamerikanischer Herkunft adoptiert hätten, habe ihre Tochter begonnen, „sich zu verstellen“, sagte Ruthanne Dolezal. Seit Jahren habe sie nun schon keinen Kontakt zu ihr.
Mutter legt Beweisfoto vor: Blond und blauäugig
Als Beweis legte sie ein Foto vor, das Rachel als Teenagerin zeigen soll: Zu sehen ist ein blauäugiges Mädchen mit glatten, blonden Haaren. Ruthanne Dolezal zeigte zudem eine Kopie der Geburtsurkunde ihrer Tochter, in der ihr Mann und sie als deren Eltern aufgeführt sind. „Es ist sehr schade, dass Rachel einfach nicht sie selbst ist“, sagte die Mutter. „Ihr Wirken für die Sache der afroamerikanischen Gemeinde wäre so viel tragfähiger und effektiver gewesen, wenn sie einfach ehrlich wäre.“
Rachel Dolezal wischte die Kontroverse in einer Reaktion beiseite. Bei alledem handele es sich um die Folgen eines Rechtsstreits, der die Familie gespalten habe, sagte sie. Am Montag wollte sie jedoch ausführlicher Stellung nehmen, meldete der Sender KHQ-TV.
Die Bürgerrechtsorganisation NAACP sprang der bedrängten Aktivistin indirekt bei. Die ethnische Identität sei kein Kriterium für eine Leitungsfunktion bei der Gruppe, hieß es. „In jeder Ecke des Landes engagiert sich die NAACP für politische, bildungsrelevante und wirtschaftliche Gerechtigkeit für alle“, so ein Sprecher.